Rechtstipp im Versicherungsrecht
Private Unfallversicherung - Unfallbegriff
Private Unfallversicherung – Unfälle beim hantieren mit Gegenständen
Gegenstand der juristischen Diskussion im Rahmen der privaten Unfallversicherung ist mit großer Regelmäßigkeit der Unfall beim hantieren mit Gegenständen. Der BGH hatte hierzu zuletzt (Urteil vom 28.01.2009 – IV ZR 6/708) einen Fall zu bewerten, bei dem der Versicherungsnehmer (= VN) bei dem Versuch, eine schwere Last abzufangen, ins Straucheln geriet und es dadurch zu einem Unfall kam. Nach dem BGH ist für die Annahme einer Einwirkung von außen entscheidend, ob der Gegenstand inaktiv und Objekt von Bemühungen bleibt oder aber eine Eigendynamik entwickelt. So liegt eine Einwirkung von außen vor, wenn der Gegenstand umzufallen droht oder ins Rutschen gerät und der VN bei seinen Bemühungen, dieser Eigendynamik entgegenzuwirken, eine Gesundheitsschädigung erleidet.
Zugunsten der VN ist daher eine Einwirkung von außen und damit ein Unfall bejaht worden, z. B. bei dem Versuch, eine außer Kontrolle geratene ca. 80 Kilogramm schwere Scheibe festzuhalten, genauso beim Auffangen eines, beim Anheben durch zwei Personen aus dem Gleichgewicht geratenen Motorrades mit Bandscheibenvorfall und (sozusagen ein „Klassiker“) beim Erleiden eines Bandscheibenvorfalls bei dem Versuch, einen 40 Kilogramm schweren Sack abzufangen, nachdem der VN aufgrund eines Tritts in eine Vertiefung im Boden ins Straucheln geraten war und der Sack hierdurch eine unerwartete Eigendynamik entwickelte (BGH, Urteil vom 28.01.2009 – IV ZR 6/08).
Dagegen wurde von der Rechtsprechung eine Einwirkung von außen verneint, beim Anheben eines Wasserkastens, beim Anheben einer 1,5 Zentner schweren Tür mit dem Fuß, beim Anheben eines 40 Kilogramm schweren Fasses, ohne dass dieses eine Eigendynamik entwickelt hätte, genauso wurde verneint eine Einwirkung von außen bei der Kraftanstrengung beim Anheben eines Rasenmähers mit anschließendem Bandscheibenvorfall, das Gleiche beim Herausreißen eines Strauches.
Vorstehende Beispiele zeigen, dass auch Bandscheibenvorfälle in einzelnen Fällen als Unfall im Sinne der AUB gelten können. Es kommt dann darauf an, ob der Gegenstand, mit der VN Kontakt kam, eine Eigendynamik entwickelt hat. Wenn an dieser Stelle der Unfallbegriff bejaht werden kann, bleibt häufig noch das Problem, dass sich der Versicherer nach Ziffer 5.2.1 der AUB 2008 / 1999 auf den Ausschlusstatbestand Schäden an Bandscheiben sowie Blutungen aus inneren Organen berufen will/berufen wird. Für das Vorliegen dieses Ausschlusstatbestandes ist allerdings der Versicherer beweisbelastet.
In jedem Fall lohnt sich so eine genaue Prüfung, die am besten durch einen Fachanwalt für Versicherungsrecht durchgeführt wird.
Rechtsanwalt Hans-Joachim Sitz
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
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