Rechtstipp im Verkehrsrecht
Haftung bei Unfällen zwischen Überholer und Linksabbieger Teil 1
Kollisionen zwischen einem überholenden und einem vorausfahrenden nach links abbiegenden Fahrzeug gehören zu den mit am häufigsten vorkommenden Unfallkonstellationen.
Die Haftung hierbei ist stets nach dem konkreten Einzelfall zu entscheiden und führt in der Rechtsprechung zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Der gegen den Linksabbieger sprechende Anscheinsbeweis steht den hohen Anforderungen an das gefahrlose Überholen gegenüber.
Der Anscheinsbeweis für eine 100 % ige Haftung spricht in der Regel gegen den Linksabbieger. So entschied das Kammergericht mit Urteil vom 13. August 2009 gegen den Linksabbieger. Kommt es nämlich im unmittelbaren und zeitlichen Zusammenhang mit dem Linksabbiegen zu einer Kollision mit einem links überholenden Fahrzeug, spricht der Beweis des ersten Anscheins für eine Sorgfaltspflichtverletzung des Linksabbiegers. Eine Beweislastumkehr greift zu Lasten einer Partei nicht ein.Das Gericht begründet den Anscheinsbeweis als Folge der besonderen Gefährlichkeit des Linksabbiegens.
Eine Mithaftung des Überholenden ist jedoch nicht ausgeschlossen und kommt bei Vorliegen entsprechender Umstände durchaus in Betracht. Der Idealtypische "Abbieger", setzt seinen Fahrtrichtungsanzeiger rechtzeitig, verlangsamt sein Fahrzeug deutlich, ordnet sich zur Fahrbahnmitte ein und beachtet die zweite Rückschau. Sofern der Abbieger einzelne vorgenannte Pflichten verletzt, erhöht sich sein Mitverschulden bis hin zur Alleinhaftung.
Eine Mithaftung des Überholenden kommt indes dann in Betracht, sofern er bei einer für ihn unklaren Verkehrslage zum Überholen ansetzt.
Das Kammergericht hält hierbei eine unklare Verkehrslage nur dann für gegeben, wenn an einem vorausfahrenden oder stehenden Fahrzeug der linke Fahrtrichtungsanzeiger betätigt wird, dies der nachfolgende Verkehr erkennen konnte und dem nachfolgenden überholenden Fahrzeugführer noch ein angemessenes Reagieren – ohne Gefahrenbremsung – möglich war. Dagegen liegt eine unklare Verkehrslage nicht schon dann vor, wenn das vorausfahrende Fahrzeug verlangsamt, selbst wenn es sich bereits etwas zur Fahrbahnmitte eingeordnet haben sollte.
Aufgrund der stets auftretenden Streitigkeiten bei Unfällen dieser Art werden wir in den kommenden Wochen Praxisbeispiele aus unserer Mandatsbearbeitung vorstellen.
Über den Autor: Rechtsanwalt Thomas Brunow ist Vertrauensanwalt des Volkswagen – Audi Händlerverbandes für Verkehrsrecht e.V. Und Mitglied der ARGE Verkehrsrecht in Berlin. Rechtsanwalt Thomas Brunow hilft Geschädigten nach Verkehrsunfällen und Betroffenen nach Verkehrsverstößen schnell und unbürokratisch.
mehr Infos: www.verkehrsrecht-24.de
Rechtsanwalt Thomas Brunow ist Partner der Kanzlei Prof. Dr. Streich & Partner Berlin