Rechtstipp im Strafrecht
Strafbefreiende Selbstanzeige im Steuerrecht
Immer wieder neu: Unter dem Stichwort "Steuersünderkartei" oder "Schwarzgeld-CD" im Zusammenhang mit Schwarzgeld in der Schweiz findet das Institut der strafbefreienden Selbstanzeige gerade aktuell große Beachtung.
Das Institut der strafbefreienden Selbstanzeige ist in § 371 AO normiert. Obwohl in einem Steuergesetz niedergeschrieben, handelt es sich um eine Norm mit eindeutig strafrechtlicher Relevanz. Denn ähnlich wie der Rücktritt im Strafrecht, ist eine Selbstanzeige ein sog. persönlicher Strafaufhebungsgrund und schützt somit vor einer Verurteilung durch ein Strafgericht. Bereits dieser Umstand verdeutlicht, dass der Bürger, der sich über die Erfolgsaussichten einer eventuellen Selbstanzeige beraten lassen möchte, diesen Rat nicht von einem Steuerberater, sondern von einem Rechtsanwalt einholen sollte, denn Letzterer ist im Umgang mit juristischen Normen und Ihrer Durchsetzung vor Gericht eindeutig besser qualifiziert. Dieser Qualifikationsvorsprung vergrößert sich nochmals, wenn der Rechtsanwalt zusätzliche Spezialisierungen auf dem Gebiet des Strafrechts nachweisen kann.
Denn jeder muss sich der Gefahr bewusst sein, dass eine falsche oder unzureichende Selbstanzeige zur Aufdeckung einer Steuerhinterziehung führt und somit ein Steuerstrafverfahren nach sich zieht in welchem man ohnehin von einem Strafverteidiger und nicht von einem Steuerberater verteidigt werden sollte.
Was ist eine Selbstanzeige?
Mit einfachen Worten ausgedrückt, ist eine Selbstanzeige gemäß § 371 AO eine Möglichkeit des Täters einer Steuerhinterziehung, sich Straffreiheit zu verschaffen. Der Gesetzgeber behält sich so die Option offen, unentdeckt gebliebene Steuerquellen zu vereinnahmen und baut daher dem Steuersünder eine goldene Brücke zur Straffreiheit. Dieser Vorteil greift gleichwohl nur, wenn die Selbstanzeige auch sämtliche gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, denn andernfalls läuft der Bürger Gefahr, den Finanz- und Ermittlungsbehörden einen steuer- und strafrechtlich relevanten Sachverhalt preiszugeben und zudem noch für die Steuerhinterziehung bestraft zu werden. Von daher ist eine qualifizierte Beratung unumgänglich.
Eine Selbstanzeige kommt nur bei einer der in § 370 AO genannten Varianten der Steuerhinterziehung in Betracht. Andere Steuerstraftaten, wie bspw. die Steuerhehlerei oder eine bandenmäßige Steuerhinterziehung können nicht nachträglich strafbefreit werden. Rechtlicher Beratungsbedarf entsteht dann, wenn mit der Steuerhinterziehung auch andere Straftaten einher gegangen sind. Häufig werden durch Steuerstraftaten auch Urkundsdelikte, wie Urkundenfälschung oder -Unterdrückung begangen. Auf diese erstreckt sich die Straffreiheit nicht. Gleichwohl wird die Selbstanzeige bei der Strafzumessung berücksichtigt werden.
Zu beachten ist weiterhin, dass die ordnungsgemäße Selbstanzeige nur die strafrechtlichen Konsequenzen beseitigt. Die Steuerschuld bleibt selbstverständlich bestehen, ebenso die weiteren steuerrechtlichen Pflichten.
Form, Inhalt und Umfang einer richtigen Selbstanzeige
Die Selbstanzeige kann nur gegenüber den in § 6 Abs. 2 AO benannten Finanzbehörden abgegeben werden. Wird die Selbstanzeige bei einer unzuständigen Behörde abgeben, kann diese zwar im Wege der Amtshilfe an das zuständige Amt weitergeleitet werden. Dennoch besteht die Gefahr, dass bis zum Eingang bei der zuständigen Behörde Gründe eintreten, die eine Selbstanzeige ausschließen.
Eine Selbstanzeige wird formlos erhoben. Sie braucht auch als solche nicht gekennzeichnet werden. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass sie auch neutral erscheinen kann und keines Hinweises auf strafrechtlich relevantes Verhalten bedarf. Es wäre aus Verteidigungssicht sogar unzweckmäßig, dem Finanzamt irgendwelche zusätzlichen Hinweise zu geben. Würde man sich selbst als Straftäter bezeichnen, läuft man Gefahr trotz wirksamer Selbstanzeige gemäß § 235 AO Hinterziehungszinsen zahlen zu müssen.
Inhaltlich muss der Anzeigenerstatter eine Tätigkeit entfalten, die auf eine Berichtigung unrichtiger Angaben oder auf Ergänzung unvollständiger Angaben oder auf Nachholung pflichtwidrig unterlassener Angaben zielt. Dem Finanzamt soll es dadurch ermöglicht werden, auf dieser Grundlage ohne langwierige große Nachforschungen den Sachverhalt vollends aufzuklären.
Es gibt eine Vielzahl von gerichtlichen Entscheidungen darüber, was noch als ausreichend für eine strafbefreiende Selbstanzeige anzusehen sei und was nicht. Eine detaillierte Schilderung würde den Rahmen dieser Abhandlung sprengen. Im konkreten Fall sollte daher fachlicher Rat eingeholt werden.
Wann ist eine Selbstanzeige ausgeschlossen?
Gemäß § 371 Abs. 2 AO tritt Straffreiheit nicht ein, wenn vor der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung ein Amtsträger der Finanzbehörde zur steuerlichen Prüfung oder zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit erschienen ist oder dem Täter oder seinem Vertreter die Einleitung des Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat bekannt gegeben worden ist. Eine Selbstanzeige ist ferner dann ausgeschlossen, wenn die Tat im Zeitpunkt der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung ganz oder zum Teil bereits entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste. Die rechtliche Beurteilung, ob ein Ausschlussgrund gegeben ist, ist eine Sache des Einzelfalls und kann nicht pauschal beantwortet werden. Auch aus diesem Grund sollte umfassender rechtlicher Rat eingeholt werden.
Nachentrichtung der Steuern als weitere Voraussetzung
Wenn durch die Steuerhinterziehung bereits ein Schaden entstanden ist, so ist die Straffreiheit zwingend davon abhängig, dass die erlangten Steuervorteile in einer angemessenen Frist nachentrichtet werden. Die Frist, die von der sachlich zuständigen Finanzbehörde gesetzt wird, ist angemessen zu bemessen und muss auf die persönlichen Verhältnisse des Steuerschuldners Rücksicht nehmen. Bei Zahlungsunfähigkeit des Anzeigenerstatters ist die Frist so zu bemessen, dass der Steuerschuldner dadurch die Möglichkeit erhält, sich um Fremdmittel zu bemühen.
Durch den Beitrag soll verdeutlicht werden, dass die Folge der Straffreiheit einer Selbstanzeige an strenge, juristische Voraussetzungen geknüpft ist. Besondere Gefahren lauern bei den Ausschlussgründen, die häufig gegeben sind, ohne dass der Anzeigenerstatter dieses weiß. Wer in Unkenntnis von solchen Ausschlussgründen eine Anzeige erstattet, liefert sich quasi selbst ans Messer. Um dies zu verhindern, sollte vor Abgabe einer Erklärung die juristische Beratung und Prüfung durch den Rechtsanwalt stehen.
Christoph Klein -Rechtsanwalt-