Rechtstipp im Strafrecht
Die Strafzumessung - "Was erwartet mich?"
Sofern jemand von einem Ermittlungsverfahren betroffen ist, oder gar bereits eine Anklageschrift zugestellt worden ist, stellt sich in aller Regel vorrangig die Frage nach dem zu erwartenden Ausgang dieses Verfahrens. Immer wieder melden sich potentielle Mandanten, die erläutert haben möchten, was nun auf sie zukommt und ob sie möglicherweise für den erhobenen Vorwurf sogar mit einer Haftstrafe zu rechnen haben.
Ebenso häufig wie diese Frage im Raum steht, wird der kontaktierte Anwalt hierauf keine explizite Auskunft geben können. Zwar lässt sich in aller Regel schon eine grobe Richtung für den zu erwartenden Ausgang des Verfahrens absehen, konkret gilt es jedoch die zahlreichen Besonderheiten des Einzelfalls miteinander in Relation zu setzen, welche sich letztlich aber nicht einzig aus der subjektiven Wahrnehmung des Betroffenen selbst erkennen lassen.
Die Strafzumessung ist einzig Aufgabe des mit der Angelegenheit befassten Gerichts. Schon deswegen lassen sich zuverlässige Aussagen mit letzter Sicherheit kaum seriös treffen. Darüber hinaus kommt es aber auch erst einmal darauf an, ob überhaupt eine Straftat nachweislich begangen wurde.
Dennoch sollen hier einige Aspekte der Strafzumessung erläutert werden.
Die Strafzumessung
Wenn das Gericht zu der Überzeugung gelangt ist, jemand sei der Täter einer ihm vorgeworfenen Straftat, wird es zunächst den einschlägigen Strafrahmen anhand des jeweils verletzten Gesetzes ermitteln. Sodann wird es zu prüfen haben, wie die konkrete Tat innerhalb dieses Strafrahmens einzuordnen ist. Hierbei sollte zunächst ein objektiver Maßstab zu Grunde gelegt werden, welcher sich mit der Frage beschäftigt, wie die konkrete Tat im Vergleich zu anderen Verstößen gegen dieselbe Norm einzuordnen ist.
Sodann wird das Gericht die einzelnen für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände abwägen. An dieser Stelle wirken sich dann begünstigende Umstände wie ein Geständnis, die vorgenommene Schadenswiedergutmachung, aber auch strafschärfende Elemente, wie eine besonders verwerfliche Vorgehensweise, oder das Vorliegen mehrerer einschlägiger Vorstrafen aus.
Um innerhalb dieser Punkte und im wohlverstandenen Interesse des Mandanten Einfluss auf das Ergebnis nehmen zu können, ist es unabdingbar, sich mit sämtlichen für und gegen ihn sprechenden Umständen gezielt auseinanderzusetzen. Bereits vorbereitend ist Sorge dafür zu tragen, dass die positiven Aspekte auch wirklich zur Sprache kommen.
Erst nach so einer Abwägung erscheint es dann möglich, einen Verfahrensausgang in etwa zu prognostizieren und einzuschätzen "wohin die Reise geht".
Freiheitsstrafe
Grundsätzlich wird es dabei so sein, dass ein Ersttäter bei einem durchschnittlichen Delikt kaum mit einer Freiheitsstrafe zu rechnen hat, schon gar nicht mit einer solchen, die dann nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Hier gilt, dass die Freiheitsstrafe selbst als so genannte "Ultima Ratio" das letzte Mittel sein soll, um auf einen überführten Täter einzuwirken, bzw. die Allgemeinheit vor diesem zu schützen. Erst wenn alle anderen Mittel versagt haben, oder die Tat so erheblich ins Gewicht fällt, dass diese von vornherein ausscheiden, soll eine Freiheitsstrafe verhängt werden.
Bewährungsstrafe
Ob eine verhängte Freiheitsstrafe dann wiederum zur Bewährung ausgesetzt werden kann, bemisst sich in erster Linie anhand einer vorzunehmenden Sozialprognose. Hierbei hat das Gericht erneut die für und gegen den Angeklagten sprechenden Aspekte abzuwägen und mit Blick auf die Zukunft zu prüfen, ob die Vollstreckung der Freiheitsstrafe angezeigt ist.
Die oftmals betonte Ansicht, diese Art der Bestrafung werde von einem Täter ihrer Konsequenz überhaupt nicht als Strafe wahrgenommen, lässt sich dabei zuweilen nicht einfach so von der Hand weisen. Es darf aber nicht vergessen werden, dass gerade in der Bewährung eine Chance gesehen wird, gezielt auf einen Täter einzuwirken, so dass dieser innerhalb seiner bestehenden Strukturen in die Lage versetzt wird, sein Verhalten zu reflektieren und es entsprechend zu ändern.
Geldstrafe
Bei kleineren Delikten wird aber in der Regel – sollte es nicht zu einer Einstellung kommen – eine Geldstrafe zu verhängen sein. Geldstrafen werden in Deutschland in Tagessätzen bemessen. Hierbei soll die Anzahl der Tagessätze den Unrechtsgehalt der Tat ausdrücken, wohingegen sich die Höhe des einzelnen Tagessatzes nach dem monatlichen Einkommen geteilt durch 30 bemisst.
Ihnen sollten nunmehr der Aufbau der einzelnen Sanktionsmöglichkeiten im Erwachsenenstrafrecht, sowie die Umstände deutlich geworden sein, die zur Findung einer angemessenen Sanktion berücksichtigt werden. Ebenso sollte deutlich geworden sein, dass eine konkrete Prognose regelmäßig erst nach Akteneinsicht und Kenntnis wirklich aller für und gegen einen Beschuldigten/Angeklagten sprechenden Umstände getroffen werden kann.
Schon deswegen kann es, zumindest bei vorliegen einschlägiger Vorstrafen, durchaus sinnvoll sein, diese Unklarheiten durch eine anwaltliche Vertretung weitestgehend zu beseitige, und nicht unversehens die Beurteilung des Gerichts abzuwarten. Hier zeigt sich auch wieder einmal, dass es sich anbietet – sofern man in Erwägung zieht sich ein Verteidiger zuwenden – diesen recht früh aufzusuchen und die verbleibende Zeit bis zur Hauptverhandlung zu nutzen, um wichtige Aspekte hinreichend deutlich zu beleuchten und gegebenenfalls zu belegen.
Pauschale Aussagen werden hierbei keineswegs weiterhelfen, da es eine Pauschaltabelle auf die man diese stützen könnte, wie gesehen nicht gibt.