Rechtstipp im Miet- und Wohneigentumsrecht
Umzugskostenpauschale bei befristeter Nutzungsüberlassung
§ 21 WEG beschäftigt sich mit der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums durch die Wohnungseigentümer. § 21 Abs. 7 WEG geregelt unter anderem, dass die Wohnungseigentümer Kosten für eine besondere Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums oder für einen besonderen Verwaltungsaufwand mit Stimmenmehrheit beschließen können. Hinsichtlich der Kosten für besondere Nutzungen entschied der BGH im Oktober 2010 Folgendes:
Besondere Nutzungen im Sinne von § 21 Abs. 7 WEG sind solche, die mit einer gesteigerten Inanspruchnahme des Gemeinschaftseigentums einhergehen und zumindest bei typisierender Betrachtung den Anfall besonderer Kosten wahrscheinlich machen.
Die Festsetzung einer maßvoll bemessenen Umzugskostenpauschale durch Mehrheitsbeschluss nach § 21 Abs. 7 WEG entspricht nur dann den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung, wenn die Regelung nicht zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung der Wohnungseigentümer führt.
Sachverhalt:
Gerade in beliebten Großstädten wie Berlin vermieten viele Wohnungseigentümer ihre Wohnungen nicht dauerhaft sondern als möblierte Ferienwohnungen an Touristen und Saisonarbeiter. Auch im entschiedenen Fall vermietete der Kläger seine fünf Wohnungen in einer Eigentumswohnanlage auf diese Weise – so kamen im Jahr etwa hundert Mietverträge zustande.
Im Dezember 2007 wurde in der Eigentümerversammlung unter anderem Folgendes beschlossen:
"Die Gemeinschaft beschließt, dass jeder Wohnungseigentümer im Falle eines Bewohnerwechsels aufgrund befristeter Nutzungsüberlassung … für mögliche Beeinträchtigungen und eine besondere Abnutzung des Gemeinschaftseigentums eine Kostenpauschale in Höhe von 50 € an die Eigentümergemeinschaft zu zahlen hat. Unter den Begriff des Bewohners fallen auch Feriengäste und "Saisonarbeitnehmer", die das Sondereigentum angemietet haben. Betrifft der Bewohnerwechsel mehrere Personen, fällt die Kostenpauschale nur einmal an … Die eingezahlten Beträge sind der Instandhaltungsrücklage zuzuführen …". Ein Wohnungseigentümer hatte diesen Beschluss angefochten.
Entscheidung:
Der BGH gab dem Kläger Recht. Zwar ist die Einführung einer maßvollen Umzugskostenpauschale im Wege eines Mehrheitsbeschlusses durch die Regelung des § 21 Abs. 7 WEG gedeckt. Die hier in Rede stehende Ausgestaltung ist jedoch mit den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung nicht zu vereinbaren.
Umzüge führen in der Regel zu einer gesteigerten Inanspruchnahme insbesondere von Treppenhäusern und Aufzügen und machen in der Regel zusätzlichen Reinigungsaufwand erforderlich. Selbst sorgfältig arbeitende Umzugskräfte können kleinere, oft unbedeutende und erst in der Summierung die Unansehnlichkeit oder Reparaturbedürftigkeit deutlich machende Schäden kaum vermeiden. Da solche Abnutzungen, Schäden und Kosten schwer oder nur mit unangemessenem Aufwand an Zeit und Kosten zu quantifizieren sind, liegt eine pauschalierende Regelung, die nicht darauf abstellt, ob im Einzelfall Kosten verursacht werden, im wohlverstandenen Interesse aller Wohnungseigentümer. Auf der Grundlage dieser typisierenden und pauschalierenden Betrachtung kommt es daher auch nicht darauf an, dass Feriengäste und Saisonarbeiter in eine möblierte Wohnung meist mit nur geringem Umzugsgut ein- und ausziehen werden.
Allerdings entsprechen pauschalierende und typisierende Regelungen nur dann einer ordnungsgemäßen Verwaltung, wenn die Pauschale maßvoll bemessen ist und nicht zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung der Wohnungseigentümer führt.
Die Höhe der Umzugskostenpauschale von 50 Euro erreicht zwar nach den derzeitigen Verhältnissen die Grenze der Angemessenheit, überschreitet diese aber noch nicht.
Die angegriffene Regelung ist aber deshalb zu beanstanden, weil sie nur Umzüge im Zusammenhang befristet vereinbarter Nutzungsverhältnisse der Pauschale unterwirft und damit Umzüge aufgrund unbefristeter Gebrauchsüberlassungen sowie vor allem auch Umzüge der jeweiligen Eigentümer selbst ausklammert. Der insbesondere bei Mehrheitsbeschlüssen über das Gemeinschaftsverhältnis zum Tragen kommende Gleichbehandlungsgrundsatz lässt zwar Differenzierungen zu, dies aber nur, wenn für die Unterscheidung ein ausreichender Sachgrund besteht. Daran fehlt es hier. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die von der Regelung ausgenommenen Umzüge zu signifikant geringeren Belastungen des Gemeinschaftseigentums führen.
(BGH, Urteil v. 01.10.2010, V ZR 220/09)