Rechtstipp im Miet- und Wohneigentumsrecht
Teure Räumung ?
„Vermieter werden ist nicht schwer, Vermieter sein dagegen sehr“
Kein Selbsthilferecht des Vermieters
Zieht der Mieter nach einer Kündigung nicht freiwillig aus, so ist der Vermieter keinesfalls berechtigt, die Wohnung des Mieters eigenmächtig zu räumen. Zum einen kann das unerlaubte Eindringen in die Wohnung des Mieters strafrechtlich einen Hausfriedensbruch darstellen. Zum anderen ist der Vermieter nach neuester Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 14.07.2010, AZ.: VIII ZR 45/09) bei Vornahme einer solchen sogenannten „kalten Räumung“ verschuldensunabhängig zum Ersatz des dem Mieter dadurch entstandenen Schadens verpflichtet. Dies gilt selbst dann, wenn der Mieter nach Ausspruch der Kündigung nicht auffindbar ist.
Die Räumungsklage
Der Vermieter ist daher gehalten, sich einen entsprechenden Räumungstitel durch Erhebung einer Räumungsklage vor dem örtlich zuständigen Amtsgericht zu verschaffen. Hierbei ist darauf zu achten, dass sich der Räumungstitel auf alle in der Wohnung lebenden Personen bezieht, die einen entsprechenden Mietvertrag abgeschlossen haben - auch auf den Untermieter. Da Ehegatten nach der Rechtsprechung die Herrschaftsgewalt über die Wohnung stets gemeinsam ausführen, ist außerdem regelmäßig ein Vollstreckungstitel gegen beide Ehegatten erforderlich, auch wenn den Vertrag von nur einem Ehegatte unterschrieben wurde.
Wird der Mieter vom Gericht zu einer Räumung verurteilt oder hat er sich zu einer solchen vergleichsweise verpflichtet, so kann ihm vom Gericht auf Antrag oder von Amts wegen eine angemessene Räumungsfrist gewährt werden. Ein entsprechender Antrag muss bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden, auf welche hin das Räumungsurteil ergeht. Der Mieter hat die Möglichkeit die Zwangsräumung durch einen Antrag auf Verlängerung der Räumungsfrist nochmals hinauszuzögern. Insgesamt darf die Räumungsfrist jedoch nicht mehr als ein Jahr betragen. Während der gesamten Räumungspflicht bleibt der Mieter zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe der bisherigen Miete oder sogar der ortsüblichen Vergleichsmiete verpflichtet.
Die Zwangsräumung
Zieht der Mieter auch nach Ablauf der gerichtlichen Räumungsfrist nicht aus, so darf der Vermieter schließlich unter Zuhilfenahme eines Gerichtsvollziehers die Zwangsräumung betreiben. Hierzu ist dem Mieter der Zeitpunkt der beabsichtigten Räumung rechtzeitig mitzuteilen. Im Räumungstermin setzt der Gerichtsvollzieher den/die Mieter sodann „außer Besitz“ und räumt dem Vermieter selbigen wieder ein. Letzteres erfolgt durch Übergabe des Mietobjekts, etwa durch Übergabe der Schlüssel oder Einbau eines neuen Schlosses. Ist der Mieter und auch kein erwachsenes Familienmitglied oder ein Bevollmächtigter bei der Räumung zugegen, so hat der Gerichtsvollzieher die Sachen des Mieters, die nicht Gegenstand der Zwangsvollsteckung sind, wegzuschaffen und diese auf Kosten des Mieters einzulagern. Der Vermieter ist für diese Kosten (Spedition, Lagerhalle) allerdings vorschusspflichtig. Wird der Mieter zahlungsunfähig, bleibt der Vermieter häufig auf diesen Kosten sitzen.
Für den Vermieter stellt sich daher oftmals die Frage, wie er dieses Kostenrisiko vermeiden kann, ohne auf die Räumung verzichten zu müssen. Hier haben sich in der Praxis verschiedene Modelle entwickelt. Zu empfehlen ist letztlich das vom Bundesgerichtshof (Urteil vom 17.11.2005, Az.: I ZB 45/05) anerkannte Modell, die so genannten „Berliner Räumung“. Dabei erteilt der Vermieter den Räumungsauftrag, aber unter gleichzeitiger Geltendmachung eines Vermieter-pfandrechts an allen sich in der Wohnung befindenden Gegenständen. Der Zwangsvollstreckungsauftrag wird auf Herausgabe der Wohnung beschränkt. Der Gerichtsvollzieher kann damit die Ausführung des Vollstreckungsauftrages nicht mehr von der Zahlung eines hohen Vorschusses für den Abtransport und die Einlagerung der Wohnungseinrichtung abhängig machen. Er setzt den Mieter lediglich unter Übergabe seiner Papiere „außer Besitz“. Der Vermieter leert sodann die Wohnung im Wege der Pfandverwertung. Auf Verlangen des Mieters hat der Vermieter lediglich die nicht unter das Vermieterpfandrecht fallenden Gegenstände herauszugeben. Dieses Modell ermöglicht es dem Vermieter, die Räumung zu betreiben, ohne einen hohen Vorschuss an den Gerichtsvollzieher bezahlen zu müssen.
Neben dem Recht zur Zwangsräumung stehen dem Vermieter nach Ablauf der Räumungsfrist außerdem Schadensersatzansprüche gegen den Mieter zu, wenn er die Räumlichkeiten wegen der nicht fristgemäßen Rückgabe nicht nahtlos weitervermieten kann.
Stand: 11.08.2010
Verfasser: RAin Sarah E. Haug, RA FAArbR Andreas Bucher