Rechtstipp im Miet- und Wohneigentumsrecht
Silvesterfeuerwerk ist kein Spielzeug.
In einem Gewerberaummietvertrag hatten die Parteien als Mietzweck “Betrieb eines Spielwaren- und Babyartikel Fachmarktes sowie Kinderbekleidung” vereinbart.
Die Mieterin verlangt von der Vermieterin die Zustimmung zum Verkauf und der Lagerung von Silvesterfeuerwerk insbesondere auch der Kategorie 2. Die Vermieterin wiederum verlangt von der Mieterin die Unterlassung des Handels mit Silvesterfeuerwerk gem. § 541 BGB in den von ihr gemieteten Geschäftsräumen.
Das Landgericht Berlin hatte der Klage auf Unterlassung statt gegeben. Hiergegen hatte die Beklagte Berufung eingelegt, worauf das Kammergericht (Urteil vom 6.6.2011 - 8 U 9/11) die Entscheidung des Landgerichtes bestätigte.
Es führt in ihren Urteilsgründen u.a. aus:
" Bei den in der Berufungsinstanz noch streitgegenständlichen Silvesterfeuerwerksprodukten der Kategorie 2 handelt es sich nicht um Spielwaren. Spielwaren sind handwerklich oder industriell entwickelte und hergestellte Spielzeuge und Spielmittel beziehungsweise Spiele (Gesellschaftsspiele, Geschicklichkeitsspiele, Computerspiele, Brettspiele, Spielanleitungen, Spielpläne etc. wie auch Spiele-Zubehör), die für den Handel bestimmt sind (http://de.wikipedia.org/wiki/Spielzeug). Bei Spielzeug im engeren Sinn handelt es sich um einen speziell für Kinder oder Jugendliche (auch von ihnen selbst) hergestellten Gegenstand, der den eigentlichen Zweck hat, Spielen auszulösen und Spielimpulse zu geben. Gemäß § 1 Abs.1 Satz 2 2.GPSGV sind alle Erzeugnisse, die dazu gestaltet oder offensichtlich bestimmt sind, von Kindern im Alter bis 14 Jahren zum Spielen verwendet zu werden, Spielzeug. Spielzeug im weiteren Sinn ist jeder Gegenstand und alle Materialien, die Kinder, Jugendliche oder auch Erwachsene zum Spielen veranlassen (Brockhaus Enzyklopädie, 21. Auflage, Band 25, Spielzeug). Bei den in der Berufungsinstanz streitgegenständlichen Feuerwerkskörpern der Kategorie 2 handelt es sich schon deshalb nicht um Spielzeug im engeren Sinn, weil gemäß § 20 Abs.2 1. SprengV der Umgang und Verkehr mit pyrotechnischen Gegenständen der Kategorie 2 nur den Personen gestattet ist, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Bei Feuerwerkskörpern der Kategorie 2 handelt es sich aufgrund ihrer Gefährlichkeit aber auch nicht um Spielzeug im weiteren Sinn. Feuerwerkskörper werden nach dem Grad ihrer Gefährlichkeit in Feuerwerksspielwaren (z.B. Knallerbsen, Wunderkerzen), Kleinfeuerwerk, Mittelfeuerwerk (Gartenfeuerwerk) und Großfeuerwerk unterteilt (Brockhaus Enzyklopädie, 21. Auflage, Band 22, Pyrotechnik; ebenso § 6 Abs.4 1. SprengV i.d.F. bis 31.1.1991). Für die Verwendung von Mittel- und Großfeuerwerk ist eine spezielle Erlaubnis erforderlich. Bei Feuerwerkskörpern der Kategorie 2 handelt es sich um Kleinfeuerwerk und nicht um Feuerwerksspielwaren. Der diesem Kleinfeuerwerk gemäß § 6 Abs.6 a 1. SprengV im Verhältnis zu den Feuerwerkskörpern der Kategorie 3 (mittelgroße Gefahr) und 4 (große Gefahr), beigemessenen “geringen Gefahr” hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass er den Umgang und Verkehr mit diesen Feuerwerkskörpern nur Personen gestattet, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Entgegen der landläufigen Meinung ist es also Personen unter 18 Jahren nicht nur nicht erlaubt, Feuerwerkskörper der Kategorie 2 zu kaufen, sondern Minderjährige dürfen auch nicht mit ihnen “umgehen”. Gegenstände, die so gefährlich sind, dass es Personen unter 18 Jahren verboten ist, sie zu kaufen oder auch nur zu nutzen, stellen per se kein Spielzeug dar. Die von der Beklagten als Beispiel für ein gefährliches Spielzeug angeführte Softair Pistole M945 mit Hop Up Sport Air Gun Soft Waffe mit Munition ist zwar – wie manches andere Spielzeug auch – bei unsachgemäßem Gebrauch durchaus geeignet, starke Verletzungen herbeizuführen. Der ganz entscheidende Unterschied zwischen dieser Pistole, bzw. anderem potentiell gefährlichem Spielzeug und dem Feuerwerk der Kategorie 2 ist aber, dass der Gesetzgeber diesem Feuerwerk eine so große Gefährlichkeit beimisst, dass es von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren weder gekauft noch genutzt werden darf. Dass die Beklagte selbst Feuerwerkskörper nicht dem Begriff “Spielwaren” unterordnet, ergibt sich im Übrigen eindeutig aus dem von ihr zu den Akten gereichten Handelsregisterauszug, in dem neben Spielwaren und anderen Artikeln pyrotechnische Artikel unter der Rubrik “Gegenstand des Unternehmens” gesondert aufgeführt sind. Der Verkauf von Feuerwerkskörpern der Kategorie 2 ist mit dem eindeutig Kinderorientierten, vertraglich vereinbarten Betriebszweck “Betrieb eines Spielwaren- und Babyartikel Fachmarktes sowie Kinderbekleidung” nicht zu vereinbaren.
Für die Frage, ob im streitgegenständlichen Mietverhältnis die Lagerung und/oder der Verkauf von Silvesterfeuerwerksprodukten der Kategorie 2 einen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache darstellen, ist es unerheblich, ob die Beklagte in ihren weiteren Fachmärkten im Bundesgebiet Silvesterfeuerwerksprodukte der Kategorie 2 vertreibt. Entscheidend ist allein, was die Vertragsparteien des streitgegenständlichen Mietverhältnisses vereinbart haben. Die Parteien haben nicht vereinbart, dass die Beklagte in den Mieträumen die Waren vertreibt, die sie auch in ihren weiteren Fachmärkten im Bundesgebiet vertreibt. Sie haben stattdessen vereinbart, dass die Räume “zum Betrieb eines Spielwaren- und Babyartikel Fachmarktes sowie Kinderbekleidung” vermietet werden. Dies umfasst – wie dargestellt - nicht den Vertrieb von Silvesterfeuerwerkskörpern der Kategorie 2.
Der im Handelsregister ausgewiesene Gegenstand des Unternehmens der Beklagten ist für die Frage, ob die Lagerung und/oder der Verkauf von derartigen Silvesterfeuerwerksprodukten einen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache darstellen, vollkommen unerheblich. Die Parteien haben sich im Mietvertrag nicht darauf geeinigt, dass die Beklagte in den Mieträumen die im Handelsregister ausgewiesenen Tätigkeiten entfalten darf, sondern sie haben sich darauf beschränkt, zu vereinbaren, dass die Räume “zum Betrieb eines Spielwaren- und Babyartikel Fachmarktes sowie Kinderbekleidung” vermietet werden.
Davon abgesehen spricht der Umstand, dass im Handelsregister der Handel mit pyrotechnischen Artikel neben dem Handel mit Spielwaren gesondert aufgeführt ist, - wie dargelegt - dafür, dass auch die Beklagte pyrotechnische Artikel nicht dem Begriff der Spielwaren unterordnet, sondern diese als eigenständigen Artikel sieht.
Die Klägerin war nicht verpflichtet, die von der Beklagten erbetene Einwilligung zum Verkauf der Silvesterfeuerwerksprodukte der Kategorie 2 zu erteilen. Gemäß § 2, 2. Absatz des Mietvertrages darf jede Änderung der Branche, des Sortiments, der Betriebsform und der Vertriebsform nur mit vorheriger schriftlicher Einwilligung des Vermieters erfolgen. Die erbetene Erlaubnis erstreckt sich nicht auf den typischen Mietgebrauch, sondern auf eine Sondernutzung, so dass die Klägerin nach freiem Ermessen entscheiden kann, ob sie die erbetene Einwilligung erteilt oder nicht (Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Auflage, VI Rdnr.46 a). "
Das Kammergericht hat die Revision, im Hinblick auf die angekündigten Entscheidung des Thüringer Oberlandesgerichts – 1 U 109/11 – und die Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg vom 17. Mai 2011 – 9 U 192/10 - zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 543 Absatz 2 Satz 1 ZPO - zugelassen.