Rechtstipp im Miet- und Wohneigentumsrecht
Nimmt Verwalter ohne Beschluss Kredit auf, muss er unter Umständen dafür haften
Die Eigentümer müssen für einen vom WEG-Verwalter aufgenommenen Kredit nur aufkomme, wenn die Kreditaufnahme den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung oder dem Interesse und Willen der Eigentümer entspricht.
Sachverhalt:
Der Kläger war früher der Verwalter der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft. Er hatte in dieser Funktion bei einer Bank ein Konto auf seinen Namen eingerichtete, über welches der gesamte Zahlungsverkehr der Beklagten abgewickelt wurde. Bei diesem Konto hatte er als Verwalter der Beklagten die Kreditlinie in Anspruch genommen. Als seine Anstellung als Verwalter endete, befand sich auf diesem Konto somit ein Saldo. Mit seiner Klage begehrte der Kläger von der Beklagten die Freistellung des Saldos.
Das AG Siegburg gab der Klage statt und führte aus, dass dem Kläger ein Freistellunganspruch gemäß § 670 BGB zustehe, da er bei der Kontoführung im Auftrag der Beklagten tätig geworden sei. Mit ihrer Berufung gegen dieses Urteil begehrt die beklagte WEG die Klage abzuweisen.
Entscheidung:
Das LG Köln als Berufungsgericht sah die Entscheidung des AG Siegburg als materiell fehlerhaft an und kam zu dem Schluss, dass dem Kläger kein Freistellungsanspruch gemäß § 670 BGB zusteht.
Der Kläger war zur Aufnahme des Kredites nicht berechtigt.
Zu einer Kreditaufnahme, auch in Form der Inanspruchnahme einer Kreditlinie, ist der Verwalter weder berechtigt noch verpflichtet. Der ohne Beschluss aufgenommene Kredit ist schwebend unwirksam, kann aber nach § 177 BGB genehmigt werden. Wird der Vertrag - wie im vorliegenden Fall - nicht genehmigt, so haftet der Verwalter der Kreditgeberin als vollmachtloser Vertreter nach dessen Wahl auf Erfüllung oder Schadensersatz, § 179 BGB. Von den Wohnungseigentümern kann der Verwalter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen, wenn die Kreditaufnahme ordnungsgemäßer Verwaltung entsprach, §§ 675, 670 BGB. Ansonsten kann er nur unter den Voraussetzungen der §§ 677, 683 BGB Regress nehmen.
Ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht eine Kreditaufnahme nur dann, wenn der Kreditbetrag die Summe der Hausgeldzahlungen aller Wohnungseigentümer für drei Monate nicht übersteigt und der Kredit der Überbrückung eines kurzfristigen Liquiditätsengpasses dient.
Diese Voraussetzungen waren in den verhandelten Fall nicht erfüllt. Daher steht dem Kläger gegen die Beklagte auch kein Anspruch auf Freistellung gemäß §§ 670, 677, 683 BGB zu.
Auch kann der Verwalter nicht wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen gemäß § 683 BGB verlangen, da die Aufnahme des Kredites nicht dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen der Wohnungseigentümer entsprach.
Die Beklagte hat einen wirklichen Willen nicht geäußert, so dass es auf deren mutmaßlichen Willen ankommt. Der mutmaßliche Wille ist derjenige, den der Geschäftsherr bei objektiver Beurteilung aller Umstände im Zeitpunkt der Übernahme geäußert haben würde. Dabei ist auf das Interesse des Geschäftsherrn abzustellen. Das Interesse fehlt in der Regel, wenn die mit der Maßnahme verbundenen Kosten nicht mehr im Verhältnis zum erstrebten Erfolg stehen.
Vorliegend ist die erfolgte Geschäftsführung nicht von dem mutmaßlichen Willen der Beklagten gedeckt gewesen, da die Kosten der Maßnahme erheblich über ihren Vorstellungen lagen. Ursprünglich wurde bei Beschlussfassung der Sanierungsmaßnahmen von 4.000 € ausgegangen. Später teilte der Kläger der Beklagten mit, dass die Kosten sich auf 8.000 - 10.000 € belaufen würden. Tatsächlich sind jedoch Kosten in Höhe von über 18.000 € angefallen. Dies entspricht einer weiteren Steigerung von mindestens 80%.
(LG Köln, Urteil v. 26.8.2010, 29 S 177/09)
Mehr Beiträge zum Miet- und Wohnungseigentumsrecht unter: www.rechtsauskunftauspotsdam.blog.de