Rechtstipp im Medizinrecht
Zeitpunkt der Vergütungsvereinbarung des Zahnarztes gem. § 2 GOZ
Trotz bzw. gerade wegen der Neuregelung der Gebührensätze für die Zahnärzteschaft zum Jahre 2012 ergibt sich in der zahnärztlichen Praxis immer häufiger das Erfordernis, mit dem Patienten von der Gebührenordnung abweichende bzw. diese erweiternde Vergütungsvereinbarungen zu treffen. Gerade im häufig vorkommenden Bereich der Füllungstherapien, aber auch im großen, modernen Leistungsspektrum der Endodontie sind die in der Gebührenordnung aufgeführten Leistungsbeträge der Höhe nach unzureichend bzw. zum Teil auch lückenhaft. Um einerseits eine angemessene Vergütung zu erlangen und andererseits etwaige gebührenrechtliche Rechtsstreitigkeiten mit den Patienten bzw. dessen Versicherer zu vermeiden, ist daher häufig die Vergütungsvereinbarung mit dem Patienten das Mittel der Wahl.
Doch selbst wenn vor der Durchführung der Leistung solche schriftlichen Vereinbarungen durch dem Patienten unterzeichnet werden, kommt es dennoch gelegentlich vor, dass der Patient sich im Nachhinein an die Vereinbarung nicht halten möchte. Oftmals wird hierbei unter Bezugnahme auf § 2 Abs. 2 GOZ der Zeitpunkt der Vereinbarung in der Weise gerügt, dass diese nicht bereits am absoluten Beginn der folgenden Gesamtbehandlung, sondern während der Gesamtbehandlung geschlossen wurde.
Gemäß § 2 Abs.2, S. 1 GOZ muss in der Tat eine Vereinbarung über eine von der GOZ abweichende Höhe der Vergütung vor Erbringung der Leistung in einem Schriftstück erfolgen. Als Leistung in diesem Zusammenhang ist aber nicht auf die gesamte Behandlung abzustellen (vgl. BGH, Urt. v. 19.02.1998, III ZR 106/97, NJW 1998, 1786, 1789; OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.05.2002, 8 U 32/01, NJOZ 2002, 2183, 2187). Eine Vergütungsvereinbarung kann demnach auch während einer laufenden Behandlung abgeschlossen werden. Voraussetzung ist lediglich, dass es sich bei den von der Vergütungsvereinbarung betroffenen Leistungen um einen abgrenzbaren, noch nicht begonnenen Behandlungsabschnitt handelt und der Patient ohne Inkaufnahme irgendwelcher Nachteile wegen der bereits erbrachten Leistungen in der Lage ist, von der weiteren Behandlung Abstand zu nehmen oder sich ggf. in anderweitige zahnärztliche Behandlung zu begeben (BGH, a.a.O.; OLG Düsseldorf, a.a.O. und Urt. v. 21.03.2002, 8 U 118/01, NJW-RR 2003, 125).
Oftmals handelt es sich gerade um solche abgrenzbaren Behandlungsabschnitte, insbesondere wenn bestimmte Zähne durch Füllungstherapie oder endodontische Maßnahmen behandelt werden müssen. Vor diesem Hintergrund sind die insoweit vorgebrachten Einwendungen des Patienten in der Regel rechtlich unerheblich. Allerdings sollte man bei solchen Vereinbarung immer darauf achten, dass diese dem Patienten nicht erstmals erst direkt vor der Leistungserbringung am Behandlungstag oder gar im Behandlungsstuhl, d.h. ohne ausgiebige Überlegungszeit, vorgelegt werden. In solchen Konstellationen könnte ein Gericht nämlich-losgelöst von der Vorschrift des § 2 Abs. 2 GOZ-nach allgemeinen Grundsätzen eine Überrumpelungssituation und damit eine rechtliche Angreifbarkeit der Vergütungsvereinbarungen feststellen.
Michael Wagner, M.B.L.T.
Rechtsanwalt