Rechtstipp im Medizinrecht
Behandlungsfehlervorwürfe – Mindestanforderungen
Wenn der Patient seinem (Zahn-)Arzt Behandlungsfehler, also ein nicht den Regeln der (zahn-) ärztlichen Kunst entsprechendes Verhalten, gerichtlich entgegenhalten möchte – unabhängig davon, ob dies nun im Rahmen der Verteidigung gegen einen ärztlichen Honoraranspruch oder als vom Patienten eingeleitete Arzthaftungsklage geschehen soll – ist der Patient für derartige Behandlungsfehler des (Zahn-)Arztes grundsätzlich darlegungs- und beweisbelastet (BGH NJW 80, 1333; BGH NJW 83, 332; BVerfGE 52, 131; Baumbach/Lauterbach, ZPO, 63. Auflage, Anh § 286, Randnr. 60).
In aller Regel werden die Behandlungsfehlervorwürfe, sofern sie von (zahn-)ärztlicher Seite bestritten werden, mittels gerichtlichem Sachverständigengutachten untersucht.
Je nachdem wie die Sachverständigenbegutachtung dann ausfällt, wird regelmäßig erkannt.
Was die vorausgehende Darlegung des Behandlungsfehlers betrifft, entspricht es höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass die Anforderungen an den Patientenvortrag nicht überspannt werden dürfen (BVerfG NJKW 79, S. 1925; BGH VersR 81, S, 752.
Allerdings ist trotz der Substantiierungserleichterungen des Patienten im Arzthaftungsprozess oder allgemein bei der Behauptung vermeintlicher Behandlungsfehler von dessen Einlassungen doch immer noch ein Mindestmaß an Substanz zu fordern.
Zumindest sollten diese einen tauglichen Ansatz für eine Begutachtung darstellen.
In diesem Zusammenhang sei beispielhaft aus dem Urteil des OLG Düsseldorf vom 08.04.2004 – Az I-8 U 96/0- zitiert:
„Wie das LG zu Recht ausgeführt hat, fehlte es auch unter Berücksichtigung der erleichterten Substanziierungslast für den Patienten im Arzthaftungsprozess jedoch bereits an einer schlüssigen Darlegung des vermeintlichen Gegenanspruchs dem Grunde nach.
An die Substanziierungspflicht des Patienten dürfen zwar nur maßvoll und verständig geringe Anforderungen gestellt werden. Die Partei darf sich auf den Vortrag beschränken, der die Vermutung eines fehlerhaften Verhaltens des Arztes aufgrund der Folgen für den Patienten gestattet. Erforderlich ist aber ein Mindestmaß an nachvollziehbarem Vorbringen, das in sich schlüssig ist (vgl. Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht 4. Aufl. Rn. E 2).
Medizinische Einzelheiten sind nicht erforderlich, der Tatsachenvortrag muss aber zumindest in groben Zügen erkennen lassen, welches ärztliche Verhalten fehlerhaft gewesen und welcher Schaden hieraus entstanden sein soll (Frahm/Nixdorf, Arzthaftungsrecht 2. Aufl. Rn. 239; Schmid NJW 1994, 767).
Deshalb genügt es nicht, allein aus dem Misslingen einer Heilbehandlung einen Verstoß gegen die Regeln der ärztlichen Kunst abzuleiten, sondern der Patient muss, wenn er schon einen Fehler lediglich vermutet und nicht begründet darstellen kann, doch wenigstens seine Verdachtsgründe darlegen, damit sich die Gegenseite oder ein Gutachter damit sachlich befassen können (Schmid NJW 1994, 767 [768]).“
Darüber hinaus verweisen wir in diesem Kontext auf den ergebnisgleichen Beschluss des Landgerichts Köln vom 05.01.2011 – 3 S 19/10.
Sollte daher patientenseitig, nicht ansatzweise substantiiert, (zahn-)ärztliches Fehlverhalten in den Raum gestellt und Behandlungsfehler lediglich behauptet, aber nicht annähernd dargelegt werden, so wäre angesichts der vorbeschriebenen Rechtsprechung das Beklagtenvorbringen als unzureichend einzustufen.
In einem solchen Falle könnte der (Zahn-)Arzt durchaus unter Bezugnahme auf das Urteil des OLG Düsseldorf einwenden, dass die Einholung eines Sachverständigengutachtens in Anbetracht der nicht gewahrten Mindestanforderungen/unzureichenden Darlegung der Behandlungsvorwürfe einen unzulässigen Ausforschungsbeweis darstellen würde.
Wenn der Beklagte dann seinen Vortrag nicht nachbessert, kann das Gericht das Beweismittel (Sachverständigengutachten) als unzulässig zu Lasten des Patienten ablehnen.
Matthias Mayer
Rechtsanwalt