Rechtstipp im Medizinrecht
Behandlungsfehler
Der Behandlungsfehler wird definiert als jede ärztliche Maßnahme, die nach dem Erkenntnisstand der medizinischen Wissenschaft die gebotene Sorgfalt vermissen lässt und damit unsachgemäß ist.
Dabei ist dem Arzt bereits ein Vorwurf zu machen, wenn er Behandlungsmethoden anwendet, die nicht mehr dem Stand des heutigen medizinischen Wissens entsprechen, was dem Arzt angesichts des rasanten medizinischen Fortschritts ein nicht unerhebliches Haftungsrisiko überbürdet. Andererseits kann von ihm nicht verlangt werden, über jede aktuelle Entwicklung in der ärztlichen Forschung informiert zu sein beziehungsweise diese schon in die Praxis umgesetzt zu haben.
Mit diesem Kenntnisstand in der Forschung korrespondiert der Anspruch des Patienten, jeweils von einem erfahrenen Vertreter einer medizinischen Fachrichtung behandelt zu werden. Dabei obliegt es zunächst dem behandelnden Arzt selbst, zu überprüfen, ob er über die für die Behandlung erforderlichen Fachkenntnisse verfügt. Kommt er zu dem Ergebnis, dass dies nicht der Fall ist, muss er einen erfahreneren und entsprechend ausgebildeten Kollegen hinzuziehen. Behandelt er gleichwohl eigenverantwortlich, ist ihm der Vorwurf des Übernahmeverschuldens zu machen.
Eine Fehlbehandlung kann durch aktives Tun oder durch pflichtwidriges Unterlassen vorgenommen werden.
Die Fehlbehandlungen lassen sich typischerweise in verschiedene Fallgruppen unterteilen:
Ein Diagnosefehler liegt vor, wenn der Arzt die von ihm erhobenen oder ihm zugeleiteten Befunde falsch interpretiert, er bei Symptomen einer möglicherweise bedrohlichen Erkrankung die in Frage kommenden Ursachen nicht differentialdiagnostisch abklärt oder die dringend geboten Behandlung erst verspätet eingeleitet wird.
Ein Therapiefehler liegt vor, wenn der Arzt nicht die möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergreift, um einen nach dem jeweiligen Stand naturwissenschaftlicher Erkenntnisse und ärztlicher Erfahrung erkennbaren gesundheitlichen Schaden von seinem Patienten abzuwenden.
Die Sicherungsaufklärung vernachlässigt der Arzt, wenn er nicht über die Umstände informiert, die zur Sicherung des Heilungserfolges und zu einem therapiegerechten Verhalten erforderlich sind. Der Begriff wird oft missverstanden und ist nicht mit der sogenannten Risikoaufklärung zu verwechseln.
Bei einem Organisationsfehler verstößt der Krankenhausträger gegen seine Verpflichtung mit dem vorhandenen ärztlichen Personal und funktionstüchtigem medizinischen Gerät die Aufgaben nach dem jeweiligen Stand der medizinischen Erkenntnisse zu erfüllen.
Eine Verletzung von Verkehrssicherungspflichten liegt vor, wenn der Krankenhausträger den Patienten durch geeignete Vorkehrungen nicht davor bewahrt durch die Einrichtung oder bauliche Gestaltung Schäden zu erleiden.
Ein Koordinationsfehler ist gegeben, wenn der niedergelassene Arzt einen Patienten, dessen Behandlung in das Gebiet eines anderen ärztlichen Fachbereichs fällt oder von ihm auf Grund eigener begrenzter persönlicher Fähigkeiten bzw. unzureichender Ausstattung nicht übernommen werden kann, nicht an einen anderen Facharzt oder in ein Krankenhaus überweist.
Die Fülle der unterschiedlichen Formen von Behandlungsfehlern zeigt deutlich, dass es sich hierbei um eine komplexe medizinische und juristische Prüfung handelt, die in jedem Fall fundierte Kenntnisse im Bereich des Arzthaftungsrecht erfordert. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich bei den vorgenannten Fehlerarten nur um einige Beispiele handelt.
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