Rechtstipp im Internetrecht
Filesharing Abmahnung - Zur Aussagekraft des der Abmahnung beigefügten Gerichtsbeschlusses
Zahlreiche Internet-Nutzer erhalten eine anwaltliche Abmahnung, mit
welcher sie - berechtigt oder auch unberechtigt - mit dem Vorwurf des
„Filesharing” konfrontiert werden. Beim Filesharing handelt es sich,
vereinfacht ausgedrückt, um das direkte Weitergeben von Dateien zwischen
Benutzern des Internets unter Verwendung eines peer-to-peer-Netzwerks
(p-2-p). Die Dateien befinden sich hierbei in der Regel auf den
Computern der Teilnehmer oder anderen Servern und werden von dort aus
verteilt. Ein solches Netzwerk wird auch peer-to-peer-Netzwerk (p2p)
oder umgangssprachlich „Tauschbörse" genannt.Die anwaltlichen Abmahnschreiben der einschlägigen Kollegen haben dem Grunde nach alle dasselbe Muster:Unter
Androhung von weiteren kostenintensiven juristischen Schritten und
hohen Schadensersatzzahlungen wird den Empfängern anschließend das
Angebot unterbreitet, Abmahnung Schadensersatz- und
Unterlassungsansprüche pauschal mit einem Betrag abzugelten, weiterhin
fordert man den Internetnutzer mit einer kurzen Frist zur Abgabe einer
dem Abmahnschreiben beigefügten Unterlassungserklärung auf.Weiterhin
ist dem anwaltlichen Abmahnschreiben oftmals der Beschluss eines
Landgerichts beigefügt. Dabei kann bei dem meistens von der Situation
und der laufendem Frist ohnehin schon verunsichertem Empfänger oftmals
der Eindruck entstehen, dieser Beschluss beziehe sich direkt auf seinen
Fall und der Anspruch der Gegenseite sei rechtskräftig entschieden.Häufig
wird dieser Eindruck noch dadurch verstärkt, dass die abmahnenden
Rechtsanwälte in diesem Zusammenhang betonen, dass das Landgericht die
ordnungsgemäße Ermittlung des abgemahnten Internetanschlusses geprüft
habe und diese als ausreichend glaubhaft betrachtet habe.Doch wie ist die Sachlage rechtlich tatsächlich zu bewerten?Das Oberlandesgericht Köln hat in diesem Zusammenhang erst vor kurzem eine durchaus bemerkenswerte Entscheidung getroffen:„Die
ordnungsgemäße Ermittlung der IP-Adresse über eine entsprechende
Software kann grundsätzlich zulässig mit Nichtwissen gemäß § 138 Abs. 4
ZPO bestritten werden. Eines Vortrags bezüglich konkreter Anhaltspunkte
für die Unrichtigkeit der Ermittlungen der IP-Adresse bedarf es dann
nicht (mehr). Dies gilt auch dann, wenn die betreffende Software bereits
Gegenstand eines anderen gerichtlichen Verfahrens war und dort nicht
beanstandet wurde. Eine Bindung der Parteien an die tatsächlichen
Feststellungen aus einem anderen Verfahren besteht nicht. Die
Feststellungen in einem Anordnungsverfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG sind
insoweit ebenfalls nicht präjudiziell, was bereits daraus folgt, dass
die dortigen Feststellungen in der Regel allein auf den Angaben des
betreffenden Rechteinhabers beruhen, während der (angebliche) Verletzer
an diesem Verfahren vor Erlass der Gestattungsanordnung nicht beteiligt
werden kann (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 24.03.2011 - 6 W 42/11).Unabhängig
von dieser rechtlichen Frage haftet der Abgemahnte immer noch nach § 97
Abs. 1 S. 1 UrhG auf Unterlassung, so dass es sich auf keinen Fall
empfiehlt ohne fachkundige anwaltliche Beratung das Abmahnschreiben
einfach zu ignorieren. In diesem Fall droht eine einstweilige Verfügung.
Man kann jedoch den kostspieligen Verfügungsantrags bei Gericht
regelmäßig dadurch umgehen, dass fristgerecht eine modifizierte strafbewehrte Unterlassungserklärung
abgegeben wird, welche die Wiederholungsgefahr entfallen lässt.
Inwieweit der geltend gemachte Anspruch berechtigt ist, oder nicht, kann
häufig nur ein mit dieser Thematik vertrauter Rechtsanwalt beurteilen.Es
empfiehlt sich daher, im Fall einer Abmahnung umgehend einen
fachkundigen Rechtsanwalt aufzusuchen, um den Fall einer gründlichen
rechtlichen Überprüfung zu unterziehen.
Jean Gutschalk
Rechtsanwalt
www.anwalt-gutschalk.de