Rechtstipp im Grundstücksrecht
„Hammerschlags- und Leiterrecht“ – Wann darf ich das Nachbargrundstück nutzen?
Um mit Hammerschlags- und Leiterrecht das Nachbargrundstück nutzen zu können, müssen Arbeiten in ihrer konkreten Art einen Monat vorher angekündigt werden.
Das Landgericht (LG) Coburg hat mit Urteil vom 27.09.2017 (Az.: 23 O 477/17) dem Kläger verwehrt, im Rahmen des Hammerschlags- und Leiterrechts das Grundstück seines Nachbarn für Reparaturarbeiten an seinem Haus zu nutzen. Demnach sei der Nachbar, um die Nutzung seines Grundstücks dulden zu müssen, mindestens einen Monat im Voraus über die genaue Art und Weise sowie den Umfang und die voraussichtliche Dauer der Arbeiten zu informieren. Das Hammerschlags- und Leiterrecht ist eine Ergänzung zum Bayrischen Nachbarrecht, die einem Grundstückseigentümer unter strengen formalen Auflagen, etwa bei räumlicher Beengtheit, einen Anspruch gegen seinen Nachbarn auf Duldung der Nutzung des Nachbargrundstücks. Beispiele für eine derartige Nutzung sind etwa die Lagerung von Baumaterialien oder das Aufstellen eines Gerüsts.
Streit verändert Verhältnis – Nachbar fühlt sich an mündliche Vereinbarung nicht gebunden
Im vorliegenden Fall hatte ein Dachstuhlbrand Reparaturmaßnahmen nötig gemacht. Dazu sprach sich der Hauseigentümer mit dem Nachbarn ab, den Luftraum über dessen Grundstück für die Bewegung eines auf dem eigenen Grundstück aufgestellten Krans nutzen zu dürfen. Nach Meinungsverschiedenheiten zwischen beiden Parteien fühlte sich der Nachbar jedoch nicht mehr an die Abrede gebunden und verweigerte den Zugang zu seinem Grundstück und dem Luftraum darüber mit der Begründung, er selbst habe ebenfalls Reparaturarbeiten zu tätigen und benötige deshalb den Platz. Der Hauseigentümer betrachtete dieses Vorgehen als Schikane und klagte vor dem LG, um eine einstweilige Verfügung gegen den Nachbarn zu erwirken, nach der er dessen Grundstück inklusive Luftraum nutzen dürfte. Als Begründung führte er an, dass ohne die Nutzung des Nachbargrundstücks unverhältnismäßig hohe Kosten zu entstehen drohten: Er müsse entweder einen größeren und damit teureren Kran organisieren oder eine Mauer auf seinem Grundstück einreißen und später wieder aufbauen lassen.
LG erkennt auf Gefälligkeit – Kläger hat keinen Anspruch auf Nutzung
Das LG entschied hier zugunsten des Nachbarn: Ein Nutzungsrecht des Grundstücks und des Luftraums muss nicht eingeräumt werden. Das liegt allerdings in erster Linie daran, dass kein Vertrag auf Nutzungseinräumen geschlossen worden war, sondern der Nachbar nur eine Gefälligkeit zugesichert hatte. Auch könne sich der Kläger nicht auf das Hammerschlags- und Leiterrecht berufen, da dafür die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sein müssten. Der Kläger habe hier aber zu spät angefragt und den Nachbarn nicht entsprechend über sein Vorhaben aufgeklärt. Auch der Einwand, der Nachbar verweigere den Zugang nur aus reiner Schikane, konnte das LG nicht gelten lassen: Schließlich hatte der Nachbar angeführt, den Platz für eigene Repararturmaßnahmen zu benötigen, es läge ein berechtigtes Interesse darin, die Nutzung des Luftraums über dem Grundstück zu verweigern.
Fazit: Nachbar muss Nutzung nicht einräumen – Begründung entscheidend
Das Landgericht sieht jedenfalls keine Berechtigung, den Luftraum über dem Nachbargrundstück zu nutzen: Demnach sei die mündliche Zusicherung, das Grundstück nutzen zu dürfen, eine bloße Gefälligkeit und mit keinerlei einklagbaren Ansprüchen des Eigentümers verbunden. Zudem konnte der Nachbar die Nutzungsverweigerung sinnvoll begründen, sodass ihm nicht Schikane vorgeworfen werden konnte. Schlussendlich seien die alternativen Maßnahmen, so das Gericht, indem es der Argumentation des Nachbarn folgte, nicht so unverhältnismäßig teuer, dass sie dem Kläger nicht zugemutet werden könnten. Insbesondere wegen der fehlenden Rechtsbindungswirkung einer Gefälligkeitszusicherung ist es deshalb Grundstückseigentümern, die sich mit ähnlichen Situationen konfrontiert sehen, zu empfehlen, von vornherein Verträge mit den Nachbarn zu schließen, sodass es gar nicht erst zu Rechtsstreitigkeiten vor Gericht kommen. Bei Fragen und Beratung stehen Ihnen die Anwälte der Bernd Rechtsanwalts GmbH gerne zu einer kostenlosen Ersteinschätzung Ihrer Möglichkeiten zur Verfügung.