Rechtstipp im Forderungseinzug
Neues BGH- Urteil:Einverständniserklärung(EE) für ärztliches Abrechnungszentrum + Weiterabtretung an refinanzierende Bank
Vor ca. einem Jahr hat sich der Unterzeichner zur Einverständniserklärung (EE) für ärztliche Abrechnungsunternehmen im Kontext der Weiterabtretung an die refinanzierende Bank umfassend geäußert und mit folgendem Satz sein Fazit abgeschlossen: „Irgendwann wird sich jedenfalls auch der BGH der oben diskutierten Frage zuwenden und sie entscheiden. Es steht hierbei vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen aus unserer Sicht außer Frage, dass der BGH sich für die Wirksamkeit der Refinanzierungsklausel und der Einverständniserklärung aussprechen wird.“
Dazu kann man nun sagen, dass „irgendwann“ schneller kam als erwartet, nämlich mit Urteil des BGHs vom 10.11.2013; AZ III ZR 325/12!
In dieser Entscheidung hat der BGH die Wirksamkeit der Abtretung an das Abrechnungsunternehmen und diejenige der EE in diesem Kontext ausdrücklich bestätigt. Damit ist das Thema in Rechtsstreitigkeiten von Abrechnungszentren gegen Patienten erst einmal vom Tisch und man kann sich wieder den wesentlichen Dingen dort zuwenden, d.h. der Frage, ob das Arzthonorar vom Patienten tatsächlich geschuldet ist (und nicht bloß, ob ein solcher Anspruch wirksam an das Abrechnungszentrum abgetreten wurde und man dann über die eigentliche Frage dann nochmals einen Rechtsstreit direkt zwischen Arzt und Patienten führen muss).
Zugegebener Maßen: Eine ausdrückliche Billigung, dass die EE mit Blick auf die Weiterabtretung an die refinanzierende Bank hinreichend transparent ist, erfolgte NICHT; dies ließ der BGH ausdrücklich offen. Nach der Auffassung des BGHs ist es nämlich für die Klage des Rechenzentrums gegen den Patienten gleichgültig, ob diese Weiterabtretung an die Bank nun wirksam oder nicht ist; entscheidend ist hierfür lediglich, ob die Abtretung der Forderung vom Zahnarzt AN DAS RECHENZENTRUM wirksam ist, d.h. ob die EE insoweit den Patienten hinreichend informiert. Dies deshalb, da die Abtretung an das Rechenzentrum und die etwaige Weiterabtretung an die refinanzierende Bank quasi 2 Paar Schuhe seien und jeweils getrennt voneinander betrachtet werden können.
Aber: Für den im Urteil des BGH im Einzelnen zitierten Text der dort streitbefangenen EE kommt der BGH ausdrücklich zu dem Ergebnis, dass dieser für die Abtretung AN DAS RECHENZENTRUM ausreichend ist. Es handelt es sich hierbei um einen Text, der so im Wesentlichen bei allen Abrechnungsunternehmen in der EE sinngemäß bzw. mit ggfs. sogar mit weiteren Erläuterungen für den Patienten enthalten ist. Insofern ist wie gesagt für die Masse der Fälle nun Klarheit zu Gunsten der Abrechnungszentren eingetreten.
Es gibt aber einen weiteren, vom BGH unausgesprochenen Aspekt der Entscheidung: Durch die strenge Trennung zwischen den Abtretungsvorgängen sowie das Offenlassen der Wirksamkeit der Weiterabtretung erhält das Thema einen bankinternen bzw. sogar bankaufsichtsrechtlichen Charakter, da nun ein Risiko verbleibt, dass die Sicherungsabtretung der refinanzierenden Banken nicht greift. So könnten die refinanzierende Banken mit Blick auf ein ganz erhebliches Kreditvolumen (es geht letztlich im Gesamten um Milliardenbeträge, mit denen die Ankäufe der Arztrechnungen durch die Rechenzentren von den Banken refinanziert werden) schlussendlich ohne nennenswerte Sicherheiten dastehen, wenn der Patient tatsächlich in der EE nicht korrekt über die Weiterabtretung informiert worden wäre.
Im Ergebnis schiebt der BGH daher m.E. den „schwarzen Peter“ den refinanzierenden Banken zu, welche sich also kümmern müssen bzw. sollten, dass ihre Sicherheiten auch tatsächlich Bestand haben. Unwägbarkeiten über den Bestand der Sicherheitsabtretungen sind schließlich weder im Interesse der refinanzierenden Banken noch im Interesse der Abrechnungszentren und schon gar nicht im Sinne der aufsichtsrechtlich von den Banken geforderten Sicherheitsstandards gegen Kreditausfälle. Da zudem das betroffene Kreditvolumen einfach zu hoch ist, ist daher– sozusagen „über die Hintertür“ – nach meiner Einschätzung in Zukunft zu erwarten, dass sich trotz der vordergründig positiven BGH- Entscheidung der Text in der EE der Abrechnungszentren im Sinne der Kritiker dennoch verändern wird.
Das Urteil des BGHs ist daher im Ergebnis als ausgesprochen salomonische Entscheidung und als klares Bekenntnis zur Rechtssicherheit für die tausenden, bei deutschen Gerichten anhängigen Verfahren zwischen ärztlichen Abrechnungszentren und Patienten zu befürworten. Das Problem wurde richtigerweise dahin „verortet“, wo es hingehört, nämlich zu den refinanzierenden Banken.
Michael Wagner, M.B.L.T.
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Bank – und Kapitalmarktrecht