Rechtstipp im Familienrecht
Zugewinnausgleich bei Ehescheidung - was Sie wissen müssen
Die meisten Ehen werden im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt, weil es
keinen Ehevertrag mit Gütertrennung
gibt. Dann ist am Ende der Ehe
abzurechnen: Ist am Ende mehr Geld da als vorher? Wer hat es? Ist es gerecht
verteilt?
Gehört uns alles in
der Ehe angeschaffte gemeinsam?
Häufiger Irrtum:
Durch die Zugewinngemeinschaft wird nicht etwa alles gemeinsames Eigentum
beider Ehegatten. Vielmehr verwaltet jeder Ehegatte sein eigenes Vermögen
weiterhin alleine. Gleiches gilt für Schulden: Schließt nur einer von beiden
einen Darlehensvertrag ab, haftet der andere nur dann für die Rückzahlung, wenn
er selbst unterschrieben hat, als Mitschuldner oder Bürge.
Die große Bedeutung der Zugewinngemeinschaft zeigt sich also
erst im Zusammenhang mit der Scheidung.
Wer errechnet uns den
Zugewinn?
Derjenige Anwalt, dessen Mandant etwas zu bekommen glaubt, muss das berechnen und der Gegenseite als
Zugewinnforderung vorlegen. Zunächst müssen dazu beide Seiten Auskunft erteilen. Daraufhin kann es zu
einer notariellen Einigung kommen.
Wenn nicht, spricht das Familiengericht den
Zugewinnausgleich auf Antrag zu. Der
Antrag auf Zugewinnausgleich kann bis zwei Wochen vor dem Scheidungstermin
gestellt werden, wenn er zusammen mit der Scheidung entschieden werden soll.
Alternativ geht das auch bis drei Jahre nach Scheidung. Welche Variante für Sie
günstiger ist, müssen wir individuell
besprechen.
Aus welchen
Stichtagen berechnet sich der eheliche Zugewinn?
Der Ausgleich des Vermögens geschieht nach dem gleichen
Prinzip wie beim Versorgungsausgleich: es wird hälftig verteilt, was während
der Ehe erwirtschaftet wurde.
Dafür sind zwei Stichtage wichtig:
1. Die Eheschließung (das Anfangsvermögen) und
2. das Ende der Zugewinngemeinschaft durch Zustellung des
Scheidungsantrages oder notarielle Gütertrennung (das Endvermögen).
An beiden Stichtagen wird eine Gesamtbilanz des Soll und Haben gezogen.
Der aufmerksame Leser wird bei dem zweiten Stichtag
(Zustellung des Scheidungsantrages) gestutzt haben. Denn dieser Termin liegt ja
mindestens ein Jahr nach der
Trennung - eine Zeit, in der die Eheleute nicht mehr gemeinsam gewirtschaftet
haben.
Was viele Mandanten überrascht: Selbst wenn man bei der
Trennung das Ersparte einvernehmlich
hälftig aufteilt, ist dadurch noch lange nicht die
„Zugewinngemeinschaft" beendet. Diese läuft nämlich bis zur Einleitung des
Scheidungsverfahrens (genauer: Zustellung
des Scheidungsantrages beim Gegner) weiter.
Einfaches Beispiel:
Mann und Frau haben 10.000 € auf dem Sparbuch. Bei Trennung machen sie gerecht
halbe/halbe. Ein Jahr später reicht einer den Scheidungsantrag ein. Dadurch
kommt die große Abschlussbilanz für den Zugewinnausgleich. Der Mann hat seine
5.000 € verlebt: Urlaubsreisen, Anschaffungen, hoher Lebensstandard, womöglich
hat sogar eine andere Frau davon profitiert - Endvermögen Null. Die Frau hat
ihre 5.000 € nicht angerührt und hat von dem ihr gezahlten Unterhalt noch
monatlich etwas beiseitelegen können, weil sie sehr sparsam gewirtschaftet hat,
sie hat jetzt 6.000 €. Rechnerisch ganz einfach: Die Frau muss dem Mann 3.000 €
abgeben. Das stößt oft auf Unverständnis.
Wenn der eine im Trennungsjahr sparsam gelebt hat, wird er
als dummes Eichhörnchen dastehen, wenn der andere seine Ersparnisse für
(angeblich sinnvolle) Anschaffungen verwertet und verlebt hat.
Merke:
Anwaltshonorare, die Sie vor dem End-Stichtag bereits überwiesen haben, zahlt
Ihr Gatte via Zugewinnausgleich zur Hälfte mit. Daher schreiben wir Ihnen Ihre
Rechnung vor Einreichung des
Scheidungsantrages.
Kann man sich in der
Trennungszeit über den Zugewinn einigen?
Wird der Zugewinnausgleich nicht vom Gericht geregelt,
sondern außergerichtlich von den Eheleuten, dann kann auch der Stichtag frei bestimmt werden, die Beweisnot fürs Anfangsvermögen ist
nicht so hoch wie vor Gericht. Die Anwälte berechnen, der Notar beurkundet die
Ausgleichsforderung zusammen mit Gütertrennung.
Wie funktioniert das
Prinzip?
Im ersten Schritt muss alles bewertet werden, z.B. Autos, Firmen oder Immobilien. Endvermögen
minus Anfangsvermögen jedes Ehegatten ergibt dessen persönlichen Zugewinn. Wer
mehr "dazugewonnen" hat, gibt die Hälfte dieses „Mehr“ ab.
Sonderregeln gibt
es für während der Ehe ererbtes Vermögen, für "negativen Zugewinn"
(also Verlust in der Ehe), für ungewöhnlich teure Schenkungen unter den
Eheleuten usw.
Erbschaften bleiben
außen vor?
Ja und nein. Auf die Erbschaft ansich hat der Andere keinen
Anspruch. Aber: Sie müssen alle
solche Zuerwerbe (Schenkungen) mit dem Datum, Anfangs- und Endwert angeben. Wenn nämlich das ererbte
Wiesenland inzwischen ein Baugrundstück ist oder Omas alte Hütte zur Villa
saniert wurde, partizipiert der
Ehegatte an diesem Mehrwert. Umgekehrt: Haben die Eheleute das Erbe gemeinsam
verbraucht, kann dies zu Ansprüchen des Erben gegen seinen Ehegatten führen.
Muss ich etwas
beweisen?
Alles muss bewiesen werden. Jeder
muss sein eigenes Anfangsvermögen und den privilegierten Zuerwerb beweisen: wer
sich damals keine Aufzeichnungen gemacht hat, nicht noch das alte Sparbuch
besitzt oder bei der Bank Auskunft erbitten kann - der steht mit
Anfangsvermögen Null da. Umgekehrt muss jeder das Endvermögen des Anderen
beweisen, kann sich dafür aber dessen Auskunftspflicht
bedienen.
Neu seit 1.9.2009:
1. Wenn jemand Schulden
mit in die Ehe bringt und diese während der Ehe abbezahlt werden, kann das
jetzt berücksichtigt werden (negatives Anfangsvermögen).
2. Es gibt jetzt ein Auskunftsrecht
zum Vermögen im Trennungszeitpunkt und eine Beweislast für denjenigen, der in
der Trennungszeit sein Vermögen vermindert hat.
Wie wird der
Zugewinnausgleich berechnet?
Die
Berechnung selbst ist etwas für Fachleute, weil der Laie häufig mit der Indexierung (Kaufkraftschwund) nicht
richtig zurecht kommt oder gar nicht beurteilen kann, welcher Zuerwerb während der Ehe privilegiert ist.
Mehr wissen?
http://www.mainz-kwasniok.de/verm%C3%B6gensaufteilung-zugewinnausgleich/