Rechtstipp im Bankrecht
Neue EU Richtlinie über Immobiliarkreditverträge
Vor kurzem hat das Europäische Parlament auf Vorschlag der Europäischen Kommission eine Richtlinie zur Reform von Wohnimmobilienkreditverträgen verabschiedet (KOM (2011) 142). Sie soll innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden.
Diese Richtlinie ist überwiegend als Verbraucherschutzrichtlinie aufzufassen. Insbesondere sich verbraucherfreundliche Neuerungen bei der Kreditvermittlung, der vorvertraglichen Informations- und Aufklärungspflicht, der Offenlegung von Kreditvermittlungsprovisionen oder der vorzeitigen Rückführung des Darlehens enthalten.
Neben dem Rechtszuwachs für Verbraucher soll mit der Richtlinie auch die Stabilität der Finanzmärkte weiter gestärkt werden; schließlich waren ja gerade die Umstände der Immobiliarkreditvergabe in den USA (und deren Verbriefung) mitentscheidend für den Eintritt der kürzlichen Finanzkrise. Ein wesentlicher Aspekt hierzu im Rahmen der Richtline ist, dass die Banken zukünftig zur gründlichen Prüfung der Kreditwürdigkeit des Kunden gesetzlich verpflichtet werden. Zudem ist damit zu rechnen, dass nun im Rahmen der Umsetzung der Richtline auch die die reine Kreditvermittlung – etwa Internetportale zur Vermittlung privater Kredite, ohne dass der Vermittler Geld empfängt und weiterleitet – aufsichtsrechtlich unter Erlaubnisvorbehalt gestellt wird.
Aus Verbrauchersicht am erfreulichsten ist wohl die die Regelung des Art. 18 zu sehen, wonach die Kreditnehmer ein gesetzliches oder vertragliches Recht auf vorzeitige Darlehensrückführung erhalten sollen. Bisher erlaubt im deutschen Recht § 490 II BGB nur eine vorzeitige Kündigung in bestimmten Fällen, die EU Richtlinie setzt das in § 490 II BGB tatbestandlich vorausgesetzte „berechtigte Interesse“ allerdings nicht mehr voraus. Grund dafür ist, dass die EU die Freizügigkeit der EU- Bürger und des Kapitalflusses stärken möchte, welche bei den derzeitigen Regelungen eingeschränkt sind. So ist es derzeit nur schwer möglich, aus einem Immobiliarkreditvertrag mit bestimmter Laufzeit/ Zinsbindung entlassen zu werden – zumindest ohne Zahlung einer verhältnismäßigen hohen Vorfälligkeitsentschädigung. Vor diesem Hintergrund wird der Gesetzgeber wohl bei der Umsetzung der Richtline auch die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung im Bereich der Immobiliarkreditverträge regeln müssen, welche derzeit noch nach § 503 BGB ausdrücklich von der gesetzlichen Regelung ausgenommen wurde.
Interessant aus Verbrauchersicht wird des Weiteren sein, dass zukünftig nach der Richtline Kreditvermittler verpflichtet werden sollen, zur Vermeidung von Interessenkonflikten umfassend über ihre Identität, ihren Status sowie ihre Beziehungen zum Kreditgeber zu informieren. Bei sogenannten nicht gebundenen Kreditvermittlern besteht ferner zukünftig die Pflicht, über Kreditvermittlungsprovisionen aufzuklären.
Vor diesem Hintergrund können sowohl Banken bzw. Kreditvermittler als auch deren Kunden gespannt sein, wie genau der der nationale Gesetzgeber die Richtline dann in nationales Recht umsetzen wird. In jedem Fall wird sich die Rechtslage zu Gunsten der Verbraucher verändern.
Michael Wagner, M.B.L.T.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank – und Kapitalmarktrecht