Rechtstipp im Bankrecht
Landgericht Frankfurt am Main verurteilt Commerzbank AG wegen Falschberatung zu einem Lehman-Zertifikat
Mit Urteil vom 03.06.2011 – 2-19 O 77/10 – hat das Landgericht Frankfurt am Main die Commerzbank in einem von unserem Mitglied Kai Malte Lippke, Leipzig, für einen Anleger geführten Rechtsstreit dazu verurteilt, rund 24.300 EUR Schadensersatz zu bezahlen, weil sie verschwieg, dass sie durch den Weiterverkauf der Lehman-Zertifikate einen Gewinn von 3,5 % des Kaufpreises erzielt.
Die Commerzbank trug selber vor, dass sie die Zertifikate zu einem um 3,5 % niedrigeren Kaufpreis von Lehman Brothers bezog als sie sie an den Anleger weiterverkauft hat. Hierüber hätte die Commerzbank den Anleger nach Auffassung des Gerichts aufklären müssen. Das Gericht führt im Urteil aus, dass eine Bank aus einem Beratungsvertrag verpflichtet ist, ihre Kunden eindeutig über bestehende Interessenkonflikte zu informieren, um ihnen die Möglichkeit zu eröffnen, die Sachgerechtigkeit der Beratung selbst zu überprüfen. Für die Aufklärungspflicht sei nicht entscheidend, wie eine Bank eine Vergütung erzielt, ob durch Rückvergütungen, Provisionen oder Margen, sondern, ob sie sich in einem Konflikt zwischen ihrer Pflicht, ihren Kunden nur die geeignetsten und besten Kapitalanlagen anzubieten, und ihrem Interesse an einem möglichst hohen Gewinn befindet. Da bei Gewinnmargen ein solcher Konflikt vorliege, müsse die Bank ihre Kunden über die Höhe der Gewinnmargen klar und deutlich aufklären. Außerdem sei die Pflicht zur Offenlegung von Gewinnmargen auch im Interesse eines effektiven Anlegerschutzes notwendig.
Nach dem Urteil muss die Commerzbank dem Anleger den gesamten Kaufpreis Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche aus den wahrscheinlich wertlosen Lehman-Zertifikaten vollständig ersetzen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es muss damit gerechnet werden, dass die Commerzbank beim Oberlandesgericht Frankfurt Berufung einlegt. Allerdings wären die Erfolgsaussichten der Berufung zweifelhaft, da auch der
17. und 19. Senat des Oberlandesgerichts Frankfurt es nicht für maßgeblich halten, auf welche Weise eine Bank eine Vergütung erhält, sondern auf das Vorliegen eines Interessenkonflikts abstellen. Außerdem hat das Oberlandesgericht Köln mit Urteil vom 04.05.2011 – 13 U 165/10 – entschieden, dass eine Bank, die Zertifikate für ihre Kunden nicht besorgt, sondern sie Ihnen aus ihrem Eigenbestand verkauft, Schadensersatz zu leisten hat, wenn sie hierüber nicht aufklärt.
Geschädigte sollten daher ihre Ansprüche unbedingt durch einen Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht verfolgen lassen. Selbst wenn die 3-jährige Verjährungsfrist für fahrlässige Aufklärungspflichtverletzungen schon verstrichen sein sollte, können noch Schadensersatzansprüche wegen vorsätzlichen Verschweigens von Rückvergütungen, Provisionen oder Margen verfolgt werden, da hierfür eine 10-jährige Verjährungsfrist gilt, und nicht der Anleger, sondern die Bank beweisen muss, dass sie die Vergütungen nicht vorsätzlich verschwiegen hat.