Rechtstipp im Arbeitsrecht
Kündigung in der Elternzeit - für Arbeitgeber & Arbeitnehmer
Kündigung durch Arbeitgeber
Arbeitgeber dürfen Arbeitnehmer ab dem Zeitpunkt, ab dem diese Elternzeit verlangt haben und während der genehmigten Elternzeit nicht kündigen (§ 18 Abs. 1 S. 1 BEEG).
Der Sonderkündigungsschutz der Elternzeit setzt zudem bereits bis zu 8 bis 14 Wochen vor Beginn der Elternzeit ein (§ 18 Abs. 1 S. 1, 2 BEEG).
Dieses Kündigungsverbot bezieht sich auf die ordentliche Kündigung, wie auch die Außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund oder eine Änderungskündigung – der Arbeitnehmer ist praktisch unkündbar.
Nach § 134 BGB ist eine durch den Arbeitgeber während der Elternzeit ausgesprochene Kündigung nicht wirksam.
Es gibt zwei Arten von Elternzeit:
• Arbeitspause nach § 134 BGB
• Verringerung der Arbeitsmenge zur Betreuung und Erziehung eines Kindes nach § 18 II Nr. 1 BEEG.
Voraussetzung für den automatischen Kündigungsschutz ist, dass zum Zeitpunkt der fraglichen Kündigung die Voraussetzungen für eine Elternzeit auch vorliegen.
Grundsätzlich muss der Arbeitgeber mit einer beabsichtigten Kündigung des Arbeitnehmers damit bis zum Ende der Elternzeit, also bis zu 39,5 Monate – bei mehreren Kindern ggf. sogar länger – warten.
Pro Kind besteht ein Anspruch des Arbeitnehmers auf 36 Monate Elternzeit (§ 15 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 BEEG).
Dies erschwert jede Restrukturierungsplanung für Arbeitgeber erheblich und nimmt dem Arbeitgeber die Möglichkeit, einem Arbeitnehmer zu kündigen, mit dem ihm eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist.
Ist die Elternzeit beendet, läuft das Arbeitsverhältnis automatisch zu den vor der Elternzeit geltenden Bedingungen weiter.
Dementsprechend entfällt auch der Sonderkündigungsschutz.
Der Arbeitgeber hat nach Beendigung der Elternzeit wieder das Recht, seinen Arbeitnehmer unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen zu kündigen, sobald dieser seine Tätigkeit wieder aufgenommen hat.
Ausnahme: behördliche Zustimmung
Jedoch gibt es nach § 18 Abs. 1 S. 3 bis 5 BEEG Ausnahmen davon; so kann mit behördlicher Zustimmung das Arbeitsverhältnis durch den Arbeitgeber auch in der Elternzeit des Arbeitnehmers gekündigt werden.
Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber einen Ausgleich zur Unkündbarkeit des Arbeitnehmers während der Elternzeit geschaffen.
Die Voraussetzungen dafür, ob ein besonderer Fall vorliegt und die Kündigung des Arbeitnehmers in der Elternzeit durch den Arbeitgeber ausnahmsweise für zulässig erklärt werden kann, richten sich maßgeblich nach den Bestimmungen der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Kündigungsschutz bei Elternzeit (§ 18 Abs. 1 S. 4 BEEG).
Grundsätzlich wird das Arbeitnehmerinteresse am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses in der Elternzeit als vorrangig gegenüber Arbeitgeberinteressen angesehen.
Jedoch liegt dann ein besonderer Fall vor, wenn „außergewöhnliche Umstände“ eintreten, aufgrund derer es gerechtfertigt erscheint, dass das Arbeitnehmerinteresse hinter den Interessen des Arbeitgebers zurücktritt (Nr. 1 der Verwaltungsvorschrift).
In folgenden Fällen die Behörde nach Nr. 2 der Verwaltungsvorschrift die Zustimmung zu erteilen:
• Stilllegung oder Verlagerung eines Betriebs oder einer Betriebsabteilung und Fehlen einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Unternehmen oder Ablehnung der zumutbaren Weiterbeschäftigungsmöglichkeit durch den Arbeitnehmer (Nr. 2.1.1 – 2.1.4),
• Gefährdung der Existenz des Betriebes oder der wirtschaftlichen Existenz des Arbeitgebers durch Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses nach Ende der Elternzeit (Nr. 2.1.5) oder unbillige Erschwerung der wirtschaftlichen Existenz, sodass der Arbeitgeber in die Nähe der Existenzgefährdung kommt (Nr. 2.2),
• besonders schwere Verstöße des Arbeitnehmers gegen arbeitsvertragliche Pflichten, die dem Arbeitgeber die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar machen (Nr. 2.1.6),
• vorsätzliche strafbare Handlungen des Arbeitnehmers, die dem Arbeitgeber die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar machen (Nr. 2.1.6).
Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine abschließende Aufstellung („insbesondere“), sodass auch andere Konstellationen besonderer Fälle unter „außergewöhnlichen Umständen“ denkbar sind.
Tritt ein solcher Fall ein, muss gemäß § 18 BEEG die Genehmigung der zuständigen der für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde oder der von dieser bestimmten Stelle erfolgen, beispielsweise vom Gewerbeaufsichtsamt.
Wenn ein besonderer Fall vorliegt, entscheidet die Behörde im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens, ob das Arbeitgeberinteresse an einer Kündigung während der Elternzeit so erheblich überwiegt, dass ausnahmsweise die beabsichtigte Kündigung für zulässig zu erklären ist (Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift).
Diese zweite Voraussetzung der Zulässigkeitserklärung erschwert die Abschätzung der Erfolgschancen eines Antrags auf Zulässigkeitserklärung.
Als Richtwert kann jedoch davon ausgegangen werden, dass das Vorliegen eines „besonderen Falles“ der in Nr. 2 der Verwaltungsvorschrift genannten Fallgruppen die Erfolgschancen einer Zulässigkeitserklärung erheblich erhöhen dürfte.
Der Antrag auf Zulässigkeitserklärung muss durch den Arbeitgeber schriftlich gestellt werden (Nr. 4 der Verwaltungsvorschrift).
Der Arbeitgeber muss den Antrag auch – unter Beifügung oder Benennung vorhandener Beweismittel – begründen (Nr. 4 der Verwaltungsvorschrift).
Zwar hat die Behörde ihre Entscheidung über die Zulässigkeitserklärung unverzüglich zu treffen (Nr. 5.1 der Verwaltungsvorschrift), jedoch kann die Bearbeitungsdauer mehrere Monate in Anspruch nehmen.
Der Arbeitgeber kann zur Planung zuvor bei der Behörde die voraussichtliche Bearbeitungsdauer anfragen, um den Kündigungszeitpunkt und die vorherige Antragsstellung planen zu können.
Falls sich Mutterschutz und Elternzeit überschneiden oder sich eine Arbeitnehmerin bereits in Mutterschutz befindet und ihr Antrag auf Elternzeit zu erwarten ist, kann und sollte der Antrag auf Zulässigkeitserklärung der Kündigung im Mutterschutz gem. § 17 Abs. 2 S. 1 MuSchG gleichzeitig – in der Regel in demselben Formular – mit dem Antrag gem. § 18 Abs. 1 S. 4 BEEG verbunden werden.
Die Behörde hört vor ihrer Entscheidung sowohl den betroffenen Arbeitnehmer als auch den Betriebs- oder Personalrat zu dem Antrag an (Ziff. 5.2 der Verwaltungsvorschrift).
Der Arbeitgeber kann anschließend jedoch hierzu regelmäßig noch einmal Stellung nehmen und sich so mit den gegen die Kündigung vorgebrachten Einwänden auseinandersetzen.
Tipp für Arbeitnehmer: Falls der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer während der Elternzeit kündigt, sollte dieser mit der Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung vorgehen. Dazu besteht eine Klagefrist von 3 Wochen ab Zugang der Kündigung. Ohne eine Kündigungsschutzklage wird die rechtswidrige Kündigung dennoch wirksam.
Kündigung durch Arbeitnehmer
Arbeitnehmer im Gegensatz zum Arbeitgeber in der Elternzeit das Recht, das Arbeitsverhältnis zu kündigen und zwar gemäß § 19 BEEG grundsätzlich mit einer Frist von drei Monaten zum Ende der Elternzeit.
§ 19 BEEG lautet:
Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin kann das Arbeitsverhältnis zum Ende der Elternzeit nur unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 3 Monaten kündigen.
Diese Frist wiederum soll dem Arbeitgeber ermöglichen, planen zu können beziehungsweise sich nach einem neuen Arbeitnehmer umzuschauen.
Sollte die Kündigung nicht fristgemäß erfolgen, wird sie dahingehend angesehen, dass sie zum nächstmöglichen fristgerechten Zeitpunkt wirksam ist.
Arbeitnehmer außerdem das Recht, das Arbeitsverhältnis innerhalb der Elternzeit zu kündigen; dieses endet dann logischerweise auch innerhalb dieser Zeit.
Auch wenn der Gesetzeswortlaut des § 19 BEEG anderes suggerieren könnte, sind Arbeitnehmer, die Elternzeit in Anspruch genommen haben, nicht daran gehindert, das Arbeitsverhältnis vorzeitig vor Beendigung der Elternzeit durch einseitige Kündigung zu beenden.
Das Recht, das Arbeitsverhältnis ordentlich zu kündigen, besteht weiter.
Hinweis: Eine Kündigung des Arbeitnehmers in der Elternzeit kann zu einer Sperrzeit bezogen auf das Arbeitslosengeld zur Folge haben, es sei denn der Arbeitnehmer hat einen wichtigen Grund dafür.
Liegt ausnahmsweise ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB vor, kann der Arbeitnehmer oder die Abnehmerin das Arbeitsverhältnis in der Elternzeit sogar fristlos beenden.
Im Gegensatz zur Kündigung durch den Arbeitgeber (§ 18 Abs. 1 BEEG) bedarf eine solche Arbeitnehmerkündigung auch keiner behördlichen Zulässigkeitserklärung.
Sind sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer einig, können sie einvernehmlich das Arbeitsverhältnis mit Hilfe eines Aufhebungsvertrags beenden.
Ist ein Aufhebungsvertrag geschlossen, bedeutet dies automatisch das Ende des Kündigungsschutzes.