Rechtstipps (14)
Nächtliches Abschließen der Wohngruppe kann unterbringungsähnliche Maßnahme sein (BGH, 7.1.2015)
Der Bundesgerichtshof hat in einem Beschluss vom 7.1.2015 (Az.: XII ZB 395/14) entschieden, dass das nächtliche Abschließen einer Wohngruppe eine unterbringungsähnliche Maßnahme sein kann und damit auch genehmigungspflichtig ist. Der BGH betont zwar, dass das Abschließen der Tür keine Unterbringung im Sinne des § 1906 Abs. 1 BGB sei, jedoch eine unterbringungsähnliche, und damit freiheitsbeschränkende, Maßnahme gem. § 1906 Abs. 4, Abs. 2 Satz 1 BGB sei. Danach ist das Genehmigungserfordernis auch dann gegeben, wenn dem Betroffenen in einer Einrichtung durch mechanische Vorrichtung, Medikamente oder auf sonstige Weise über einen längeren Zeitraum oder... weiterlesen
Schuldbeitritt Dritter zum Wohn- und Betreuungsvertrag ist unzulässig (BGH 21.05.2015)
Angehörigen von Pflegebedürftigen wird immer häufiger eine „Anlage“ zum Heimvertrag vorgelegt, die sie unterzeichnen sollen und bei der es sich um „bloße Formsache“ handele. Tatsächlich verbirgt sich dahinter oftmals ein Schuldbeitritt, mit dem sich die Angehörigen verpflichten, unabhängig von Zahlungen der Pflegekasse oder des Sozialhilfeträgers selbst für die Kosten des Heims aufzukommen. Der Bundesgerichts hat nun im Urteil vom 21.05.2015 (Az: III ZR 263/14) entschieden, dass solche Geschäftspraktiken unzulässig sind. Mit dieser Praxis wird unzulässig Druck auf die Angehörigen und die Betroffenen ausgeübt, die Erklärung zu unterzeichnen, damit der... weiterlesen
Betreuung eines geistig behinderten Mannes mit zusätzlicher Demenzerkrankung in einer Tagesförderstätte (Sozialgericht Lüneburg, 13.05.2015)
In dem Rechtsstreit war die Frage zu entscheiden ob ein Mensch mit Down-Syndrom, der zusätzlich eine Demenz entwickelte, Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen im Rentenalter hat, mittels derer er in einer wohnheimintegrierten Tagesförderstätte betreut werden könnte. Der Betroffene musste aufgrund der Demenzerkrankung von einer Werkstatt für behinderte Menschen in eine Tagesförderstätte wechseln. Das Sozialgericht Lüneburg hat in der Entscheidung vom 13.05.2015 – Az. S 22 SO 160/12 – den Sozialhilfeträger verurteilt, die Kosten der Betreuung in der Tagesförderstätte bis zum Tod des Betroffenen zu bezahlen. Das Gericht... weiterlesen
Lücke in der Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit kann zum Wegfall des Krankengeldanspruches führen.
Der Anspruch auf Krankengeld endet bei Wegfall der Arbeitsunfähigkeit. Aber auch, wenn nicht rechtzeitig vor Ablauf einer befristet ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erneut die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit (AU) bestätigt wird, kann die Weiterzahlung des Krankengeldes verweigert werden. Eine Lücke in der Bescheinigung von AU kann damit zum Wegfall des Krankengeldanspruches führen. Dies geht aus einer Entscheidung des Sozialgerichts Detmold vom 15.10.2014 (Az: S 5 KR 518/12) hervor. Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Ärztin des 1959 geborenen und zuvor arbeitslosen Klägers hatte für diesen mehrfach aufeinander folgend... weiterlesen
Neue Freibeträge beim so genannten Elternunterhalt ab 01.01.2015
Die Leitlinienkommission des Deutschen Familiengerichtstages und die Vertreter der Oberlandesgerichte haben eine Erhöhung der Selbstbehaltssätze zum 01.01.2015 beschlossen. Diese Selbstbehaltssätze betreffen alle unterhaltsrechtlichen Beziehungen, aber vor allem auch den Elternunterhalt, also den Unterhaltsanspruch eines in der Regel pflegebedürftigen Elternteils gegen sein erwachsenes Kind. Dem unterhaltspflichtigen volljährigen Kind verbleibt ab 01.01.2015 ein Einkommensfreibetrag (Mindestselbstbehalt) von monatlich 1.800,00 € netto (bis zum 31.12.2014 1.600,00 € netto). In diesem Selbstbehalt ist ein Wohnkostenanteil vom 480,00 € enthalten. Ist das... weiterlesen
Neue Freibeträge beim Elternunterhalt – Neuberechnung beantragen
Zum 1.1.2013 wurden durch eine Aktualisierung der so genannten Düsseldorfer Tabelle die Einkommens-Selbstbehalte erwachsener Kinder, die zum Elternunterhalt herangezogen werden, angehoben: Der Selbstbehalt garantiert ein Existenzminimum, das bei der Heranziehung zum Elternunterhalt nicht angetastet werden darf. Seit dem 1.1.2013 ist für das unterhaltsverpflichtete erwachsene Kind ein monatlicher Selbstbehalt von 1.600,- € (statt bisher 1.500,- €) und für dessen Ehepartner ein monatlicher Selbstbehalt von zusätzlich 1.280,- € (statt bisher 1.200,- €) garantiert. Insgesamt können somit Ehepaare einen monatlichen Selbstbehalt von 2.880,- € geltend machen.... weiterlesen
Pflegekassen müssen Umbaumaßnahmen auch im betreuten Wohnen übernehmen
Das Landessozialgericht Schleswig-Holstein entschied in einem Urteil vom 24.05.2010 (Az: L 10 P 10/08), dass Pflegekassen Umbaumaßnahmen auch im betreuten Wohnen zu übernehmen haben. Bislang haben die Pflegekassen dies bislang mit der Begründung verweigert, bei der Wohnung im betreuten Wohnen handele es sich nicht um das „individuelle Wohnumfeld des Pflegebedürftigen“. Das LSG bestätigte nun in dem rechtskräftigen Urteil, dass auch Pflegebedürftige in Einrichtungen des betreuten Wohnens bzw. Service-Wohnens Anspruch auf finanzielle Zuschüsse für Wohnumfeldverbesserungsmaßnahmen (§ 40 Abs. 4 SGB XI) haben. Für jede Maßnahme zur Wohnumfeldverbesserung kann... weiterlesen
Einsichtsrecht des Pflegebedürftigen bzw. des Bevollmächtigten/Betreuers in die Pflegedokumentation des Pflegeheims
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes hat ein Patient ein eigenes Einsichtsrecht in seine Krankenunterlagen. Auf Verlangen des Patienten ist der Arzt verpflichtet, unter Wahrung seiner Dokumentationspflichten, Kopien der Behandlungsunterlagen an den Patienten oder dessen Rechtsvertreter zu übermitteln. Die Kopierkosten können dem Patienten in Rechnung gestellt werden. Das Amtsgericht Essen entschied in einem Urteil am 03.04.2010 (Az: 18 C 462/07), dass diese Grundsätze auch im Hinblick auf das Einsichtsrecht in eine Pflegedokumentation eines Pflegeheims gelten. Dieses Recht ergibt sich aus dem zwischen dem Pflegebedürftigen und dem... weiterlesen
Pflege kann Elternunterhalt ersetzen
Das OLG Oldenburg traf am 14.1.2010 eine bislang einzigartige Entscheidung. Nach dem am 14.1.2010 gefällten Urteil (Az: 14 UF 134/09) kann ein Kind die seinen Eltern gegenüber bestehende Unterhaltsverpflichtung auch durch Betreuung und Pflege erfüllen. Das Gericht sieht diese Leistungen als Naturalunterhalt an. Daneben besteht demnach kein Anspruch auf Unterhalt in Form einer monatlichen Geldleistung. Damit entfällt auch ein zivilrechtlicher Unterhaltsanspruch, der auf einen Sozialhilfeträger übergehen könnte. Damit ist dem Sozialhilfeträger der Regress für Leistungen bei stationärer Pflege gegenüber dem unterhaltsverpflichteten Kind verwehrt. Erbringt... weiterlesen
Therapiefahrrad auch für Erwachsene
Das Bundessozialgericht hat in der Vergangenheit immer wieder entschieden, dass Fahrradfahren nicht zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens zähle, so dass auch schwerstbehinderte Erwachsene keinen Anspruch auf die Finanzierung von Fahrrädern oder so genannten Rollfiets haben. Nun hat das BSG am 7.10.2010 (Az. B 3 KR 5/10 R) erstmals einer Erwachsenen ein Therapiefahrrad (Dreirad) als Hilfsmittel zugebilligt, um dem drohenden Verlust der Gehfähigkeit vorzubeugen. Das Bundessozialgericht begründete die Entscheidung damit, dass laut dem Sachverständigengutachten die Betroffene (aufgrund einer frühkindlichen Hirnschädigung litt sie an einer Cerebralparese)... weiterlesen
Deckenlifter – Hilfsmittel oder Wohnumfeldverbesserungsmaßnahme?
Zuschüsse zu Wohnumfeldverbesserungsmaßnahmen gehören laut § 40 Abs. 4 SGB XI zum Leistungskatalog der Pflegekassen. Das Bundessozialgericht hat diese Maßnahmen in drei Gruppen eingeteilt (Urteil vom 12.6.2008 – Az. B 3 P 6/07 R): Maßnahmen, die die Wohnumgebung an die Bedürfnisse des Betroffenen anpassen, z. B. Absenken von Fenstergriffen etc. technische Hilfen im Haushalt, z. B. Haltegriff, mit Rollstuhl unterfahrbare Einrichtungsgegenstände Maßnahmen, die mit der Gebäudesubstanz auf Dauer verbunden werden, z. B. Einbau einer Toilette oder Dusche, Verbreiterung von Türen, Entfernen von Schwellen. Werden Deckenlifter zum Umsetzen der Betroffenen... weiterlesen
Leistungen nach Pflegestufe III, auch wenn die Mindestpflegezeit nicht erreicht ist
Das Sozialgericht Münster hat in einer noch nicht rechtskräftigen Entscheidung (Az: 6 P 135/10) einem Pflegebedürftigen Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung nach Pflegestufe III zugebilligt, obwohl laut Gerichtssachverständigem der zeitliche Mindestpflegeaufwand nicht erreicht war. Dieser hatte einen Grundpflegebedarf von 232 Minuten ermittelt. Das Gericht begründet argumentiert, dass die Ermittlung des zeitlichen Pflegeaufwandes nach der derzeitigen Gesetzeslage, ausschließlich durch eine Schätzung erfolgen könne. Bei dem derzeit geltenden Pflegebedürftigkeitsbegriff und dem mit ihm verbundenen Bemessungsfaktor Zeit handele es sich um nicht sicher... weiterlesen
Grundsatzurteil: Private Krankenversicherungen müssen auch vermeindliche Luxus-Hilfsmittel bezahlten
Werden für die Versorgung von Pflegebedürftigen im häuslichen Bereich Hilfsmittel benötigt, z. B. Multifunktionsrollstühle, wird die Kostenübernahme durch private Krankenversicherungen häufig mit dem Argument verweigert, dass es sich um Luxusmodelle handele, auf die die Versicherten keinen Anspruch hätten, weil in den Versicherungsbedingungen lediglich Kostenerstattung für Hilfsmittel „in einfacher Ausführung“ vorgesehen sei. Das durch die Kanzlei Schönhof erstrittene Urteil des Landgerichts Dortmund vom 29.11.2012 stellt nun klar, dass die Versicherungsbedingungen, in denen Leistungen darauf beschränkt sind, dass Kosten für Hilfsmittel lediglich in... weiterlesen
Welche Ansprüche haben Opfer der Loveparade-Katastrophe 2010?
I. Gesetzliche Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche Soweit im Rahmen der Loveparade-Veranstaltung Besucher Schäden, insbesondere gesundheitliche Schäden erlitten haben, besteht die Möglichkeit gemäß §§ 823 ff. BGB Schadensersatz und Schmerzensgeldansprüche gegenüber den verantwortlichen Schädigern geltend zu machen. Über Umfang und Höhe der Ersatzansprüche ist im Einzelfall zu entscheiden. II. Ansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung Gemäß § 2 Abs. 1 Ziffer 13a SGB VII hat derjenige, der bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leistet oder einen Anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit rettet,... weiterlesen
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