Rechtstipp im Versicherungsrecht
Falschberatung bei Abschluss eines Riester-Rentenvertrags - keine Förderberechtigung
Veröffentlicht von: Rechtsanwalt Jean Gutschalk
Mit der Riester-Reform im Jahr 2001 beschloss der Gesetzgeber
erstmals die staatliche Förderung der privaten Altersvorsorge. Banken
und Versicherungen haben seitdem viele Verträge, auch mit Mitgliedern
der sogenannten verkammerten Berufe, geschlossen. Diese Personen sind
jedoch in den berufsständischen Versorgungswerken versichert. Im
Einzelnen handelt es sich u.a. um folgende Gruppen:
- Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte
- Apotheker
- Architekten
- Rechtsanwälte, Notare
- Steuerberater, Wirtschaftsprüfer
wurde dabei mit den scheinbaren Vorteilen der Riesterrente geworben:
Mit Hilfe der staatlichen Förderung könne der Versicherungsnehmer schon
mit einem sehr geringen finanziellen Mindestbeitrag bzw. Eigenbeitrag
eine private Altersvorsorge aufbauen, um damit eine persönliche
Rentenlücke zu schließen.Doch hier gilt es gegenüber den
vollmundigen Versprechen vorsichtig zu sein. Gerade auch bei Ärzten sind
hier einige Besonderheiten zu berücksichtigen. Ärzte gehören zu den
verkammerten Berufen, die über eigene Versorgungswerke verfügen und sind
daher in der Regel nicht Mitglied der Bundesversicherungsanstalt für
Angestellte, sondern im berufsständischen Versorgungswerk. Auch
angestellte Ärzte sind von der staatlichen Förderung einer privaten
Altersvorsorge ausgeschlossen, wenn sie Mitglied im ärztlichen
Versorgungswerk sind. Aufgrund der Sonderregelungen in der
Beamtenversorgung sind beamtete Ärzte ebenfalls von der Förderung
ausgeschlossen. Gleiches gilt für Ärzte im öffentlichen Dienst, die auf
eine beamtenähnliche Versorgung zählen können.Auch die übrigen
Mitglieder der oben genannten verkammerten Berufe sind durch ihre
Mitgliedschaft in berufsständischen Versorgungswerken von der
staatlichen Förderung einer privaten Altersvorsorge ausgeschlossen.Erhält
nun ein Riester-Renten-Vertragsinhaber zunächst - in unberechtigter
Weise - die entsprechenden staatlichen Zulagen und kommt so in den
Genuss zusätzlicher Steuervorteile, so kann das Finanzamt die gewährten
staatlichen Zulagen, nebst Steuervergünstigungen, mit erheblichen Zinsen
zurückfordern. Dabei können im Laufe der - scheinbar
beitragsgeförderten - Jahre erhebliche Summen zustande kommen.Falls
ein Generalvertreter einer Versicherung den Versicherungsnehmer nicht
darauf hinweist, dass eine Förderberechtigung für Selbstständige, die
nicht rentenversicherungspflichtig sind, als auch für Pflichtversicherte
in berufsständischen Versorgungswerken nicht besteht, so kommt eine
Verletzung der Beratungspflichten durch den Versicherer in Betracht,
denn gemäß § 278 Abs.1 S.1 BGB hat der Schuldner ein Verschulden seines
gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung
seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie
eigenes Verschulden.Verletzt der Versicherer seine
Beratungspflichten, bestimmt § 6 Abs. 5 VVG, dass er dem
Versicherungsnehmer zum Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens
verpflichtet ist, außer der Versicherer kann nachweisen, dass er die
Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Diese Bestimmung ist eine
spezialgesetzliche Regelung, die bei ihrem Vorliegen, die allgemeine
Schadensersatzhaftung aus c.i.c. bzw. positiver Vertragsverletzung
verdrängt. Ist § 6 Abs. 5 VVG nicht einschlägig, kann jedoch auf diese
allgemeinen Anspruchsgrundlagen zurückgegriffen werden. Daher besteht
daneben die Möglichkeit, einen Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 280
Abs. 1 i. V. m. 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB geltend zu machen. Eine
Falschberatung durch einen Generalvertreter der Versicherung ist nach §
278 BGB der Versicherung zuzurechnen.Durch diese zurechenbare
Falschberatung ihres Erfüllungsgehilfen, verstößt die Versicherung gegen
ihre Pflichten aus dem vorvertraglichen Schuldverhältnis, welches
bereits durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen entsteht. Aus
diesem Schuldverhältnis resultierten Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB.
Diese Schadensersatzverpflichtung kann durch Allgemeine
Versicherungsbedingungen weder abbedungen, noch beschränkt werden, weil
nach § 18 VVG (§§ 15a VVG a.F.; 48d VVG a.F.) insoweit von der
gesetzlichen Regelung abweichende Bestimmungen unzulässig sind.Die
Versicherung hat den Geschädigten im Rahmen der
Schadensersatzverpflichtung dabei so zu stellen, wie er bei
ordnungsgemäßer Beratung gestanden hätte. Dabei kann nach der Erfahrung
des Lebens, bis zum Beweis des Gegenteils davon ausgegangen werden, dass
der Versicherungsnehmer einem entsprechenden Hinweis auf die fehlende
Riester-Förderung gefolgt wäre und die geleisteten Prämien anderweitig
verzinslich angelegt hätte.Falls Sie Betroffener einer solchen
Falschberatung sind handeln Sie möglichst frühzeitig und lassen Sie
mögliche Schadensersatzansprüche von einem Rechtsanwalt überprüfen.
Jean Gutschalk
Rechtsanwalt
www.anwalt-gutschalk.de